28 Januar 2024

Zwei Millionen für Markus Lanz - Die geheimen Honorare der ZDF-Stars (WELT+)

Zwei Millionen für Markus Lanz
Die geheimen Honorare der ZDF-Stars (WELT+)
Sie sind ein streng gehütetes Geheimnis: die Gehälter der Top-Verdiener des ZDF. Der Sender weigert sich seit Jahren, die Zahlungen an Markus Lanz, Horst Lichter & Co. öffentlich zu machen. Recherchen von WELT AM SONNTAG zeigen nun, dass teils Millionensummen pro Jahr bezahlt werden. Die Politik fordert Transparenz.
Zerknirscht gab ZDF-Intendant Norbert Himmler Ende vergangenen Jahres im Gespräch mit der Deutschen Presseagentur zu Protokoll, dass man sparen müsse. Neben „maßvollen“ Mittelanmeldungen habe man große Reformprojekte gestartet, die den Sender noch effizienter machen würden. Doch die stärksten Einschnitte werde es im Programm geben müssen, „weil das der größte Finanzposten bei uns ist“.

Der Zwischenruf der ZDF-Chefs hat einen Grund. Deutschland diskutiert mal wieder über den Rundfunkbeitrag. Ein Entwurf der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) hat eine erneute Steigerung des Beitrags ins Spiel gebracht: um 58 Cent auf monatlich 18,94 Euro. 8,57 Milliarden Euro waren es, die die Öffentlich-Rechtlichen im Jahr 2022 über Gebührengelder einnahmen. Mit 2,2 Milliarden ging der größte Einzelbetrag ans ZDF. Muss es künftig wirklich noch mehr sein?

In den Staatskanzleien der Länder, die über den KEF-Vorschlag beraten, wird darüber eifrig diskutiert. Spätestens seit dem Skandal um die geschasste RBB-Intendantin Patricia Schlesinger geht es bei dieser Debatte auch um Maß und Mitte – und um Transparenz. So ist es etwa kein Geheimnis, dass ZDF-Intendant Himmler 372.000 Euro im Jahr verdient. Hinzu kommen Sachbezüge, Aufwandsentschädigung, Altersvorsorge und Dienstwagen.
(ARD
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Will, Maischberger, Plasberg, dazu: Böhmermann Millionäre durch  Fernsehgebühren)

Doch damit ist Himmler in seinem Haus nicht der Spitzenverdiener. WELT AM SONNTAG wurde eine Liste aus der Sender-Zentrale in Mainz zugespielt, die Auskunft über bislang geheime Honorar-Vereinbarungen gibt und zuletzt innerhalb des ZDF Gegenstand von intensiven Diskussionen war; sie stammt aus März vergangenen Jahres.

Spitzenreiter bei den Moderationshonoraren ist demnach Talkmaster und Quotenkönig Markus Lanz. Er erhält demnach in diesem Jahr knapp 1,9 Millionen Euro. Im kommenden Jahr sollen es dann sogar rund zwei Millionen Euro sein. Ein weiterer Topverdiener ist Koch und Moderator Horst Lichter („Bares für Rares“), der bis 2025 rund 1,7 Millionen Euro pro Jahr für seine Moderation bekommen soll. Comedian und Moderator Oliver Welke kassierte bis Ende vergangenen Jahres rund 1,18 Millionen Euro jährlich. Moderator Johannes Kerner erhält 630.000 Euro, Moderatorin Andrea Kiewel („Fernsehgarten“) laut den internen ZDF-Unterlagen jährlich 400.000 Euro. Die Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Leiendecker kommt auf 349.000 Euro und Giovanni Zarella („Die Giovanni Zarella Show“) auf 300.000 Euro.

Die Tabelle listet auch mehrere Brutto-Vereinbarungen auf, also solche, in denen die Mehrwertsteuer bereits enthalten ist. Dazu zählt etwa Christian Sievers, der das „Heute Journal“ moderiert und 350.000 Euro pro Jahr für seine Dienste erhält. Talkmasterin Maybrit Illner liegt bei 480.000 Euro, Rudi Cerne bei 382.000 Euro und Marietta Slomka bei 393.750 Euro.

Bereits im Oktober hatte diese Zeitung enthüllt, dass Comedian Jan Böhmermann 651.000 Euro plus Mehrwertsteuer vom ZDF erhält. Der Sold soll in diesem Jahr – so sieht es der Vertrag vor – um 31.000 Euro steigen. Für 2025 ist ein weiteres Plus vorgesehen – auf insgesamt 713.000 Euro. Nicht hervor geht aus den Zahlen, welche Summen darüber hinaus fließen, etwa für Produktionsfirmen.

Das ZDF wollte die einzelnen Verträge nicht kommentieren. Auf eine umfangreiche Anfrage dieser Zeitung zu jeder einzelnen Honorarvereinbarung teilte der Sender lediglich mit, dass man zu den Konditionen mit „freien Mitarbeitenden“ unter anderem „aus datenschutzrechtlichen Gründen“ keine Angaben machen könne. Verträge mit den Top-Verdienern werden direkt von der Intendanz ausgehandelt. Wie viele Personen mehr als 350.000 Euro pro Jahr erhalten? Warum diese Verträge nicht transparent gemacht werden? Was mit den Honoraren alles abgegolten ist? Auch dazu kein Kommentar vom Sender.
Dabei provoziert nicht nur die Höhe einiger Star-Honorare Diskussionen hinter den Kulissen – sondern der Umgang damit, die Geheimniskrämerei. Selbst Mitglieder des ZDF-Fernsehrats üben nun Kritik. Das Gremium wählt den Intendanten, berät ihn in Programmfragen und stellt Richtlinien für die Sendungen auf.

Rainer Robra, Staatsminister und Chef der Staatskanzlei in Sachsen-Anhalt, gehört dem Rat an – und äußert sich nun öffentlich. WELT AM SONNTAG sagte er: „Die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler haben wie bei anderen öffentlich-rechtlichen Anstalten in Europa Anspruch auf volle Transparenz über die Verwendung der Beitragsmittel.“ Die sächsische CDU-Bundestagsabgeordnete Christiane Schenderlein, Sprecherin der Unionsfraktion für Kultur und Medien, plädiert dafür, dass die Details von Verträgen „ab einem Volumen von 250.000 Euro“ veröffentlicht werden sollten.

Schenderlein sagte dieser Zeitung: „Der Beitragszahler muss wissen dürfen, was mit seinen Gebühren bezahlt wird.“ Benjamin-Immanuel Hoff (Die Linke), Leiter der Staatskanzlei in Thüringen, verlangt eine Höchstgrenze bei Honorarverträgen. „Genauso wie eine Bagatellgrenze sinnvoll erscheint, so ist sicherlich auch eine Höchstgrenze angezeigt“, sagte Hoff. Zunächst müssten aber die bestehenden Verträge transparent gemacht werden, bevor man über konkrete Zahlen diskutieren könne.

Mit ihren Forderungen ist die Politik nicht allein. Der Direktor des Instituts für Medien- und Kommunikationspolitik, Leonard Novy, ist überzeugt, dass die Veröffentlichung der Spitzengehälter von Moderatoren Transparenz und Akzeptanz schafft. Das zeige der Blick nach Großbritannien zur BBC, wo man Jahr für Jahr nachlesen könne, dass etwa der populäre ehemalige Fußballspieler Gary Lineker eineinhalb Millionen Euro für seine Fußballkommentierung erhalte.

Auch in Österreich ist es dann künftig nicht mehr groß anders. Da wird der ORF ab 2024 Listen der Gagen und Nebeneinkünfte der Spitzenverdiener veröffentlichen. Eine Deckelung der Honorare hält Novy ebenfalls für sinnvoll. „Mit der Gefahr, dass Moderatoren dann – wie in der Vergangenheit geschehen – zu den Privaten abwandern, muss man leben. Schon im eigenen Interesse sollten die Öffentlich-Rechtlichen Exzesse vermeiden“, so Novy.

Rundfunkrat- und Medienexperte Heiko Hilker aus Dresden sieht das ähnlich. „Da die Sender von der Gesellschaft finanziert werden, müssen sie auch offenlegen, wofür sie die Gelder einsetzen“, sagte er. Die Debatte um die Erhöhung des Rundfunkbeitrages sei zudem eine Scheindebatte. Wer einen geringeren Beitrag wolle, müsse den Auftrag der Sender verändern. Auch durch andere Programmprioritäten könne man Mittel freisetzen. „Weniger teure Sportrechte, dafür mehr regionale Berichterstattung, weniger teure Fiktion, dafür mehr Information und Dokumentation“, so Hilker.

Auch Norbert Himmler hat sich bereits Gedanken gemacht, wie Geld eingespart werden kann. Man könne ja, so der ZDF-Intendant, vermehrt Wiederholungen ausstrahlen, um das Programm zu füllen.

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