Es ist kein hoffnungsvoller Befund, den das arbeitgebernahe IW-Institut am Donnerstag veröffentlicht hat: „Die deutsche Wirtschaft kommt nicht vom Fleck. Die Stabilität im Dienstleistungssektor reicht gerade so aus, um die fortgesetzten Rückgänge im Industrie- und Baubereich zu kompensieren.“ Demnach wird die Wirtschaft auch im kommenden Jahr mit der Rezession zu kämpfen haben. Diese Krise wird aktuell in der Bevölkerung als das mit Abstand „wichtigste politische Problem“ wahrgenommen, „um das sich die deutsche Politik vordringlich kümmern muss“ nach der Bundestagswahl am 23. Februar: So äußern sich 45 Prozent der Befragten im Deutschlandtrend für Dezember – ein Anstieg um 38 Prozentpunkte im Vergleich zum September 2021.
In der repräsentativen Erhebung, die Infratest Dimap im Auftrag von ARD-„Tagesthemen“ und WELT erhoben hat, wird der Komplex „Zuwanderung / Flucht“ als zweitwichtigstes Thema gesehen (23 Prozent). Bei dieser Auswertung wurden die Angaben zum „wichtigsten“ und „zweitwichtigsten“ Problem jeweils summiert. 18 Prozent geben demnach dem Bereich „bewaffnete Konflikte / Frieden / Außenpolitik“ die höchste Priorität. Stark an Bedeutung verlieren hingegen die Themen „Umweltschutz“ und „Klimawandel“ – sie sind nur noch für zwölf Prozent der Befragten vordringlich, im September 2021 waren es noch 21 Punkte mehr. Knapp dahinter mit elf Prozent folgt aktuell der Komplex „Soziale Ungerechtigkeit / Armut / Bürgergeld“. Weitere Themen wie Bildung, Energiewende und Rente kommen je auf einstellige Werte.
Nach Parteianhängern betrachtet, sind all diese Sorgen bei Unterstützern der AfD viel stärker verbreitet als unter jenen anderer Parteien – vor allem bei denen der Grünen: Dort sind die Sorgen um Finanzsituation, Lebensstandard oder Wohnsituation laut der Erhebung am schwächsten ausgeprägt. Und während sich 94 Prozent der AfD-Anhänger um den Wirtschaftsstandort Deutschland sorgen, sind es unter Grünen-Unterstützern gerade mal die Hälfte.
Allgemein herrscht in der Bevölkerung ein starker Wunsch nach „Reformbedarf“: 48 Prozent wünschen sich einen „grundlegenden Wandel“ – das ist ein Plus von acht Punkten im Vergleich zur Erhebung im September 2021 kurz vor der damaligen Bundestagswahl. Und 46 Prozent (minus fünf Punkte) halten zumindest „einige Kurskorrekturen“ für erforderlich. Der Ruf nach grundsätzlicher Veränderung wird dabei mehrheitlich aus den Reihen der Anhänger von AfD (88 Prozent) und vom Bündnis Sahra Wagenknecht (52) laut.
Und
welcher Partei trauen die Bürger am ehesten zu, die „wichtigsten
Aufgaben in Deutschland“ zu lösen? Hier schneidet die Union am besten ab
– 29 Prozent der Befragten äußern sich entsprechend. Dahinter folgen
die Kanzlerpartei SPD mit 15 Prozent, die AfD mit zwölf und die Grünen
mit neun Prozent.
Auch bei zahlreichen aktuell pressierenden
Einzelthemen schreiben die Bürger CDU und CSU die größte Kompetenz zu –
ob bei Wirtschaft (37 Prozent), Außenpolitik (34), Krisenbewältigung
(32), „gute Verteidigungspolitik“ (30), Steuern (26), Asyl- und
Flüchtlingspolitik (25) sowie mit Bezug auf den deutschen Kurs im
Russland-Ukraine-Krieg (24).
Die
SPD liegt hingegen bei ihren Kernthemen „angemessene Löhne“ (32),
„soziale Gerechtigkeit“ (28) und „Altersversorgung sichern“ (26) vorn.
Die Grünen schneiden nur beim Thema Umwelt- und Klimapolitik am besten
ab – 33 Prozent der Befragten halten die Partei hier für kompetent.
Ansonsten liefert der Deutschlandtrend einen bitteren Befund für die
Öko-Partei: Abgesehen von der Außenpolitik halten die Befragten die AfD
auf jedem anderen Politikfeld für fähiger als die Grünen.
Zufriedenheit mit Merz sinkt, Scholz holt leicht auf
Wie
schneidet angesichts der positiven Befunde für die Union ihr
Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) ab? Deutlich schlechter als noch
Mitte November: 30 Prozent der Deutschen sind aktuell mit ihm „sehr
zufrieden“ oder „zufrieden“ – ein Minus von vier Punkten. Damit liegt
Merz aber weiter an der Spitze des Zufriedenheitsrankings.
Dicht dahinter folgt Grünen-Spitzenkandidat Robert Habeck (29 Prozent). Kanzler Olaf Scholz (SPD) kann sich spürbar um drei Punkte auf 23 Prozent verbessern. AfD-Chefin Alice Weidel kommt auf 21 Prozent (minus drei Punkte). Mit BSW-Chefin Sahra Wagenknecht und dem FDP-Vorsitzenden Christian Lindner sind je 20 Prozent der Befragten zufrieden (minus vier beziehungsweise minus eins).
Wenn am kommenden Sonntag Bundestagswahl wäre, könnte die SPD im Vergleich zu Mitte November als einzige Partei zulegen – um zwei Punkte auf 16 Prozent. Die Union liegt demnach mit 32 Prozent weiterhin deutlich vorn (minus ein Punkt). Keine Veränderung gibt es bei Grünen (14 Prozent) und FDP (vier). Die AfD verliert einen Punkt und kommt auf 18 Prozent. Das BSW kommt auf fünf Prozent (minus eins), die Linke verharrt bei drei.
Zur Methodik: Für den Deutschlandtrend hat Infratest Dimap vom 2. bis 4. Dzeember 1307 wahlberechtigte Bürger in 774 Telefon- und 553 Online-Interviews befragt. Die Fehlertoleranz liegt zwischen zwei und drei Prozentpunkten.
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