Doch es gibt ein Problem: Der Kanzlerkandidat Merz steuert auf einen Eisberg zu, den er beharrlich zu ignorieren scheint. Dieser Eisberg besteht aus Grünen und SPD.
Wahlprogramm mit Habeck unvorstellbar
Wegen
der «Brandmauer» zur AfD und einer schwächelnden FDP sieht die Union
nur zwei realistische Koalitionspartner für sich: die Sozialdemokraten
und die Grünen. Die beiden artverwandten Parteien stellen bis zu den
Neuwahlen im Februar die Minderheitsregierung in Deutschland. Mit ihnen
als Regierungspartnern bleibt das Wahlprogramm der Union Wunschdenken.
Während die gerupften Sozialdemokraten nach Scholz’ gescheiterter Regierung möglicherweise an der einen oder der anderen Stelle zur Zusammenarbeit fähig wären, werden die Grünen und ihr Kanzlerkandidat Robert Habeck die zentralen Vorhaben von CDU/CSU in Sachen Wirtschaft, Migration, Klimaschutz, Energie- und Gesellschaftspolitik keinesfalls mittragen.
Eine Rückkehr zur Kernenergie? Spürbare Steuersenkungen? Eine Kehrtwende in der Asylpolitik? Die Abschaffung des Selbstbestimmungs- und des Gebäudeenergiegesetzes? Das glaubt Merz vermutlich nicht einmal selbst. Kein einziges dieser Versprechen wird er mit den Grünen umsetzen können. Schon dass drei Atommeiler für ein paar Monate länger am Netz blieben, hat die Partei an den Rand eines Nervenzusammenbruchs gebracht.
Dabei zeigt ein freundlich lächelnder Rivale aus dem Süden, wie es anders ginge: Der bayrische Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder drohte bereits, das Gewicht der kleinen Schwesterpartei bei den möglichen Koalitionsbildungen in die Waagschale zu werfen, um eine etwaige schwarz-grüne Koalition mit einem Veto zu verhindern. Merz hingegen betont auf Nachfrage stets, dass die «demokratischen Parteien der politischen Mitte miteinander kooperationsfähig bleiben müssen».
Merz muss den Eisberg umsteuern
Auch im politisch zerklüfteten Thüringen zeigen sich die Christlichdemokraten opportunistisch – und nehmen den Verrat an ihren Parteiidealen billigend in Kauf. Der Spitzenkandidat Mario Voigt liess sich mit Stimmen der Linkspartei ins Amt wählen und koaliert zudem mit dem Putin-beseelten und Nato-skeptischen Bündnis Sahra Wagenknecht, um die Brandmauer zur AfD aufrechterhalten zu können. Eine Brandmauer, hinter der sich die Rechten radikalisieren und linke Parteien dauerhaft mitregieren.
Ideologen innerhalb einer Regierung sind um ein Vielfaches gefährlicher als solche ausserhalb. Merz sollte sich daher genau überlegen, wie er den rot-grünen Eisberg umsteuern kann. Dabei sollte er offen für unbequeme Lösungen sein, auch um die linken Partner wieder auf den Boden der Tatsachen zu holen.
Wie wäre es etwa mit einer Minderheitsregierung, die Mehrheiten stets neu austariert? Diese Form des Regierens widerspricht dem Selbstverständnis der Union diametral, und sie wäre mit Risiken verbunden. Doch dieses Wagnis könnte sich lohnen. Denn damit liessen sich wichtige Wahlversprechen umsetzen.
Mindestens könnte Merz laut darüber nachdenken. Das würde seine Verhandlungsposition stärken. Grüne und Sozialdemokraten wüssten dann: Sie müssen ihm mehr bieten als eine Fortsetzung ihrer bisherigen Politik.
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