31 Dezember 2025

Gelsenkirchener Bank Geheimnis (Focus-Briefing)

Beklauen sich jetzt die Türken gegenseitig?
Von Thomas Tunma, 31.12.2025
Liebe Leserin, Lieber Leser,
es gibt ja Jobs, um die man niemanden beneidet. Berliner Polizisten in der heutigen Silvesternacht zum Beispiel. Oder Kanzler (den ganzen Rest des Jahres). Seit dieser Woche gehören für mich auch Gelsenkirchener Sparkassen-Vorstände dazu.

Bislang dachte ich: Das Gefährlichste, was in der Bankfiliale im Stadtteil Buer passieren kann, ist ein eingetrocknetes Stempelkissen. Inzwischen ist das Institut aber Tatort. Die Weltpresse ist vor Ort. Und seit Montag skandieren Sprechchöre vorm Eingang „Lasst uns rein! Lasst uns rein!“ Das gibt’s nicht so oft: empörte Ruhrgebiets-Rentner Seit‘ an Seit‘ mit jungen Männern aus türkischen Großfamilien, die keinen Spaß verstehen.
Es ist ja auch ernst: Am verlängerten Weihnachtswochenende haben sich Profis mit schwerem Bohrgerät hier Zugang durch eine dicke Tresorstahlwand zu rund 3300 Schließfächern verschafft und alles ausgeräumt.  Bisschen wie der Louvre-Raub am 19. Oktober in Paris. Nur halt Gelsenkirchen und ohne Kronjuwelen.

Ich frage mich, ob die Räuber schon am Heiligabend drin waren und kurz gefeiert haben. So mit Spekulatius und Wunderkerzen. Sie hatten ja Zeit. Immerhin soll während der Feiertage ein Brandmelder angeschlagen haben. Die Polizei zog aber offenkundig wieder ab, was noch diverse juristische Nachspiele haben dürfte. Wie das ganze Spektakel.

Der Pott-Plot hat alles, was es in unübersichtlichen Zeiten wie jetzt braucht: eine offenkundige Tat, ehrliche Emotionen, klare Fakten. Zum Beispiel dass die Depots nur mit einem Wert von je 10.300 Euro versichert waren. So kommt man auch auf die erste Schadensschätzung von irgendwas über 30 Millionen Euro, was nicht reichen dürfte.

Schon haben sich die ersten Opfer gemeldet, die angeblich „Geld und Gold im Wert von 100.000 Euro“ in ihrem Schließfach hatten, was auch das Finanzamt interessieren könnte. Man fragt sich überhaupt jetzt sehr viel: Lag in den Boxen nur Oma Ernas Bernstein-Schmuck? Oder hatten die Einbrecher Hinweise auf Clan-Millionen?
Der Coup von Gelsenkirchen ist wie Schwarz-Rot in Berlin: Hier wie dort fehlt es völlig an Krisenkommunikation. Auf einmal ist ein Riesenhaufen Geld weg. Der Staat ist eh an allem schuld. Und „die da oben“ kriegen nix gerissen.
Der ersten Pressekonferenz fiebere ich schon jetzt mehr entgegen als der „Avatar“-Fortsetzung, die zurzeit in den Kinos läuft: Drei bis vier Kriminalbeamte werden in hornhautfarbener Zivilkleidung dann reglos an einem Resopaltisch sitzen und tonlos erklären, weshalb die Bank keine Bewegungsmelder-Hightech hatte.
Es wird in den nächsten Tagen viele Investigativ-Storys darüber geben, wie schlecht deutsche Banken gesichert sind. Bärbel Bas wird als SPD-Pott-Maskottchen Finanzhilfen vom Bund versprechen. Und in drei Jahren wird Netflix den Coup verfilmen mit Elias M‘Barek als Bandenchef in der Hauptrolle.
Die Sparkasse Gelsenkirchen-Buer hat übrigens schon eine Hotline eingerichtet. Das kennen wir alle, wenn es nach zwei Stunden in der Warteschleife heißt: „Für Fragen zu Ihrem Girokonto drücken Sie die Sieben … Für Millionenverluste in Ihrem Schließfach drücken Sie die 603 218 7754 299… chrtzch …92 ghrch … achtzwölfzig …“

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen