Wie unsere Städte sterben (Focus-Briefing)
Thomas Tuma, 04.12.2025
Liebe Leserin, Lieber Leser,
kennen Sie das? Man kommt nach Jahren wieder in eine Stadt – und ist – gelinde gesagt – überrascht, was sich alles verändert hat. Selten zum Guten. Ich bin oft unterwegs im Land. Und oft überrascht. In Würzburg wie in Wuppertal, in Bad Godesberg, Göttingen, Gütersloh – überall Geschäftsruinen und Ein-Euro-Shops, Döner-Buden und Dysfunktionalität. Wir führen die völlig falsche „Stadtbild“-Debatte, scheint mir.
Die Lage ist ernst. Diese Woche meldete das Statistische Bundesamt einen neuen Schuldenrekord der Kommunen: 343,8 Milliarden Euro. Die Zahl mag abstrakt wirken, die Realität ist sehr konkret: Dreck, Verfall, Apathie. Heute trifft sich die Ministerpräsidentenkonferenz, also die Runde der Regierungschefs der Länder, mit dem Kanzler. Es wird auch ums Geld gehen. Die Schulden haben indes viele Ursachen.
Selbst Amazon ist mitverantwortlich an der Verelendung vieler Innenstädte – und damit wir alle. Wenn immer mehr online gekauft wird, geht Ladenbesitzern eben die Luft aus. Überhaupt sorgen Strukturwandel, mieses Konsumklima und globaler Konkurrenzdruck dafür, dass selbst in den Paradebranchen der Exportrepublik Deutschland wie Auto, Chemie und Maschinenbau immer mehr Jobs bedroht sind.
Weniger Firmen und Arbeitsplätze bedeuten weniger Steuern, also weniger Geld für vieles, was eine Stadt lebens- und liebenswert macht. So einfach ist das. Dann verkommen Schulen, Schwimmbäder, Theater, Marktplätze... Es ist aber nicht nur aus strukturellen Gründen weniger Geld da. Städte und Gemeinden müssen auch immer mehr ausgeben für Dinge, die früher schlicht weniger wichtig waren.
Es geht um Flüchtlingsunterkünfte, Integrationsleistungen und Sozialausgaben aller Art. Die Folge: Die finanzielle Lage der Kommunen ist aus Sicht von Städtetags-Präsident Burkhard Jung verheerend: „Sie können nicht mehr“, ihre Haushalte „kollabieren reihenweise“, sagt er. Die Kommunen leisten laut Jung zwar rund ein Viertel der gesamtstaatlichen Ausgaben, erhalten aber nur ein Siebtel der Steuereinnahmen.
Das Einzige, was in den Städten noch wächst, ist das Defizit. Dieses Jahr wohl um mindestens weitere 30 Milliarden Euro, schätzt Jung, der zugleich SPD-Oberbürgermeister von Leipzig ist. Das kommt dabei raus, wenn in Berlin Politik gemacht wird, die draußen im Land bezahlt werden soll.
Verständlich, dass die Länder ein neues Prinzip fordern, die „Veranlassungskonnexität“, oder klarer: Wer bestellt, zahlt! „Was wir brauchen, ist eine verbindliche, unverrückbare Regelung, die automatisch Kompensationszahlungen auslöst, wenn der Bund neue Aufgaben schafft“, sagte Thüringens Ministerpräsident Mario Voigt (CDU) meinem Kollegen Leon Werner (hier geht’s zu seinem Text auf FOCUS+). Es wird da schnell sehr kompliziert. Zu kompliziert für Empörungs-Hashtags.
Schön wäre es schon, wenn der Bund endlich mal verstünde, dass Schluss sein muss mit gedankenlosen Wünsch-dir-was-Spielchen. Da sind sich draußen im Land übrigens mal alle Stadtväter und -mütter herrlich einig. Über Parteigrenzen und Ideologien hinweg. Der pragmatisch-unverstellte Blick auf Realitäten – er könnte dem Land schon sehr helfen.
kennen Sie das? Man kommt nach Jahren wieder in eine Stadt – und ist – gelinde gesagt – überrascht, was sich alles verändert hat. Selten zum Guten. Ich bin oft unterwegs im Land. Und oft überrascht. In Würzburg wie in Wuppertal, in Bad Godesberg, Göttingen, Gütersloh – überall Geschäftsruinen und Ein-Euro-Shops, Döner-Buden und Dysfunktionalität. Wir führen die völlig falsche „Stadtbild“-Debatte, scheint mir.
Die Lage ist ernst. Diese Woche meldete das Statistische Bundesamt einen neuen Schuldenrekord der Kommunen: 343,8 Milliarden Euro. Die Zahl mag abstrakt wirken, die Realität ist sehr konkret: Dreck, Verfall, Apathie. Heute trifft sich die Ministerpräsidentenkonferenz, also die Runde der Regierungschefs der Länder, mit dem Kanzler. Es wird auch ums Geld gehen. Die Schulden haben indes viele Ursachen.
Selbst Amazon ist mitverantwortlich an der Verelendung vieler Innenstädte – und damit wir alle. Wenn immer mehr online gekauft wird, geht Ladenbesitzern eben die Luft aus. Überhaupt sorgen Strukturwandel, mieses Konsumklima und globaler Konkurrenzdruck dafür, dass selbst in den Paradebranchen der Exportrepublik Deutschland wie Auto, Chemie und Maschinenbau immer mehr Jobs bedroht sind.
Weniger Firmen und Arbeitsplätze bedeuten weniger Steuern, also weniger Geld für vieles, was eine Stadt lebens- und liebenswert macht. So einfach ist das. Dann verkommen Schulen, Schwimmbäder, Theater, Marktplätze... Es ist aber nicht nur aus strukturellen Gründen weniger Geld da. Städte und Gemeinden müssen auch immer mehr ausgeben für Dinge, die früher schlicht weniger wichtig waren.
Es geht um Flüchtlingsunterkünfte, Integrationsleistungen und Sozialausgaben aller Art. Die Folge: Die finanzielle Lage der Kommunen ist aus Sicht von Städtetags-Präsident Burkhard Jung verheerend: „Sie können nicht mehr“, ihre Haushalte „kollabieren reihenweise“, sagt er. Die Kommunen leisten laut Jung zwar rund ein Viertel der gesamtstaatlichen Ausgaben, erhalten aber nur ein Siebtel der Steuereinnahmen.
Das Einzige, was in den Städten noch wächst, ist das Defizit. Dieses Jahr wohl um mindestens weitere 30 Milliarden Euro, schätzt Jung, der zugleich SPD-Oberbürgermeister von Leipzig ist. Das kommt dabei raus, wenn in Berlin Politik gemacht wird, die draußen im Land bezahlt werden soll.
Verständlich, dass die Länder ein neues Prinzip fordern, die „Veranlassungskonnexität“, oder klarer: Wer bestellt, zahlt! „Was wir brauchen, ist eine verbindliche, unverrückbare Regelung, die automatisch Kompensationszahlungen auslöst, wenn der Bund neue Aufgaben schafft“, sagte Thüringens Ministerpräsident Mario Voigt (CDU) meinem Kollegen Leon Werner (hier geht’s zu seinem Text auf FOCUS+). Es wird da schnell sehr kompliziert. Zu kompliziert für Empörungs-Hashtags.
Schön wäre es schon, wenn der Bund endlich mal verstünde, dass Schluss sein muss mit gedankenlosen Wünsch-dir-was-Spielchen. Da sind sich draußen im Land übrigens mal alle Stadtväter und -mütter herrlich einig. Über Parteigrenzen und Ideologien hinweg. Der pragmatisch-unverstellte Blick auf Realitäten – er könnte dem Land schon sehr helfen.

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