28 November 2024

Wasserstoff für das Deutschland der untergehenden Sonne (aus Cicero)

Wasserstoff für das Deutschland der untergehenden Sonne (aus Cicero)
Von Jörg Reimann, 28.11.2024
Moorburg (Anm.: modernstes Kohlekraftwerk in HH) wird auf Wasserstoff umgerüstet. Visionär kündet Bundeswirtschaftsminister Habeck (Grüne) allenthalben von der energetischen Zukunft mit Wasserstoff. Weil das klimafreundlich verbrennende Gas mit dem chemischen Kennzeichen H2 durch Elektrolyse gewonnen wird, gelten Länder mit viel Sonne und Solarenergie wie etwa Spanien als bevorzugte Lieferanten. Deutschland müsse bei der Energiewende „ins Risiko gehen“ , so Habeck noch im Juni dieses Jahres.
Die Tinte im Agreement für die Umrüstung von Moorburg auf Wasserstoff ist kaum trocken, da lässt das Risiko nicht lange auf sich warten. Seitdem kippen die Wasserstoff-Player wie Dominosteine. Die Dresdner Wolf-Energetik: mit Millionen gefördert, jetzt insolvent. Das H2-Projekt der Zerbster Stadtwerke: gestoppt. Mehrere regionale H2-Pilotprojekte für LKW, Stadtbusse und Regionalzüge: unwirtschaftlich und gestoppt. Im Februar 2024 war bei Thyssen-Krupp noch optimistisch die Rede von Stahlproduktion mit grünem Wasserstoff. Im Oktober dann erste Zweifel, Ende November die Horror-Nachricht von Werkschließung und 11.000 Entlassungen.
Am 12. November meldet der NDR die Insolvenz des in Hamburg ansässigen Wasserstoffunternehmens HH2E, direkt in der Nachbarschaft von Moorburg. Immer verstiegener indessen Habecks Pläne, Wasserstoff nun selbst aus Südamerika oder Norwegen verschiffen zu lassen. Dann: die geplante Norwegen-Deutschland-H2-Pipeline: gestoppt. Am 20. November gibt auch der spanische Produzent von grünem Wasserstoff auf. Bis zu 2000 Euro Investitionskosten pro erzeugter Kilowattstunde H2-Energie werden von dort kolportiert.
Für jede Einheit des Zukunftsgases muss die anderthalbfache Menge Energie plus Lager- und Transportkosten aufgewendet werden. Als zusätzlicher Grund für den Rückzug aus Verwendung und Produktion von Wasserstoff werden unsichere Förderzusagen, kurzatmige Politik und fragliche Wirtschaftlichkeit angegeben. Doch unverdrossen gilt an der Elbe: Moorburg wird laufen mit Wasserstoff, whatever it takes. Die beschämende Vorgeschichte des norddeutschen Kraftwerks und eine reichlich nebulöse Zukunftsperspektive lässt auch die aktuelle Moorburger Liebschaft Wasserstoff nicht anders erscheinen als eine neue Hure der inflationären deutschen Energiewende.

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