Am vergangenen Mittwoch gegen 17 Uhr knickte die Stromversorgung ein. Die 30.243 deutschen Windräder und rund 3,7 Millionen Solaranlagen stellten ihre Produktion ein.
Siehe auch WELT+: Jetzt erlebt Deutschland den Ökostromausfall - mit gewaltigen Folgen
Herr Canne, gab es irgendwo Störungen oder Stromausfälle/Abschaltungen?
Es sind mir keine bekannt. [Anm. d. Red.: Tatsächlich gibt es aktuell keine Berichte über Stromausfälle zur Wochenmitte wegen einer Unterversorgung des Stromnetzes].
Hatte Deutschland genügend Reservekapazitäten anderer Kraftwerksarten bereitstellen können?
Am Ende des Tages konnte auch in dieser Extremsituation die Nachfrage gedeckt werden. Aber eben zu bedenklich hohen Preisen:
82 Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh, entspricht 820 Euro pro
Megawattstunde (MWh)) zwischen 17:00 Uhr und 18:00 Uhr sowie 80,5 ct/kWh
zwischen 18:00 Uhr und 19:00 Uhr. Wohlgemerkt Börsenpreise, sprich vor
Netzentgelten, Steuern und Abgaben.
Laut den Experten von MontelAnalytics musste Deutschland einen sehr hohen Einsatz von Ölkraftwerken fahren sowie 14 GW – die Leistung von etwa zehn Kernkraftwerken – importieren, um die Versorgung zu gewährleisten.
Die dunkle Jahreszeit steht noch am Anfang, die Nächte werden länger. Was ist in den nächsten Monaten zu erwarten?
Grundsätzlich kann dies zu jedem Zeitpunkt wieder so geschehen. In der Winterzeit bricht die Solarerzeugung naturgemäß ein und wenn dann Windflauten eintreten, muss in ähnlicher Weise die Nachfrage durch Import und fossile Kraftwerke gedeckt werden.
Da nachts keine Sonne scheint, kann es hier wohl eher zu extremen Dunkelflauten kommen. Wie ist das tagsüber bei trübem Winterwetter? Sind hier auch Engpässe aufgrund des höheren Strombedarfs möglich?
Auch an trüben Wintertagen kann die Solareinstrahlung so gering sein,
dass sich eine nächtliche Dunkelflaute auch über den Tag fortsetzt. Das
sieht man sehr gut anhand der Daten des Dezember 2023:
Kann sich Deutschland auf Stromimporte verlassen, wenn nachts die Windkraftanlagen stillstehen?
Die erwähnten 14 GW sind schon ein extremer Wert. Insgesamt haben wir circa 23 GW an Übertragungskapazitäten ins Ausland, es wären also technisch noch höhere Importmengen denkbar. Die Frage ist natürlich, ob die Nachbarländer diese Nachfrage jederzeit bedienen können.
In Frankreich beispielsweise steigt der Stromverbrauch bei tiefen Temperaturen aufgrund der weitverbreiteten privaten Elektroheizungen stark an. Bei extrem kalten Dunkelflauten können wir nicht sicher mit der Hilfe Frankreichs rechnen.
Und generell gilt natürlich: Je weiter auch unsere Nachbarländer Wind und Solar ausbauen, desto weniger sind sie in der Lage, uns bei Dunkelflauten zu helfen, sondern haben selbst zunehmend dasselbe Problem.
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