07 November 2024

Ampel-Koalition zerbricht - Der unwürdige Kanzler (Cicero)

Hintergrund: Art. 115 GG erlaubt eine Überschreitung der Schuldengrenze nur im Fall von „Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen”. Dazu gehört weder die Wahl Trumps noch der Ukraine-Krieg, der bereits über 2 Jahre andauert. Das GG erlaubt keine Überschreitung bei selbstgemachten Problemen, die sich lange abzeichneten. Dies hat das BVerfG letztes Jahr klipp und klar festgestellt. Insofern ist es unredlich, Lindner sein Eintreten für das Grundgesetz vorzuwerfen. Scholz plante offenbar einen Verfassungsbruch und klammerte sich an die Hoffnung, dass das BVerfG dies erst nach der nächsten Bundestagswahl feststellen würde.
Koalition zerbricht -
Der unwürdige Kanzler (Cicero)
Olaf Scholz schmeißt Finanzminister Lindner aus dem Kabinett – und beendet damit die Ampel-Regierung. Alles, was von nun an passiert, fällt auf den Kanzler allein zurück. Die Union sollte ihn bei seinem politischen Amoklauf nicht auch noch unterstützen.
VON ALEXANDER MARGUIER am 7. November 2024 5 min
Deutschland befindet sich in der tiefsten politischen Krise seit Bestehen der Bundesrepublik. Denn die aktuellen Auflösungserscheinungen des bestehenden politischen Systems sind gekennzeichnet von einer allgemeinen Ausweglosigkeit: Anders als bei vergangenen Brüchen ist auf absehbare Zeit keine Heilung der Situation durch andere, durch neue, durch konstruktivere Regierungskonstellationen in Sicht. Es existieren zwar deutliche Mehrheiten jenseits von Rot-Grün, aber die AfD hat sich in den letzten Jahren in einer Form radikalisiert, mit der sie sich (in Teilen) selbst jenseits der Bürgerlichkeit gestellt hat. Wir erleben eine Art „Stunde null“ unserer Demokratie. Der Kompromiss als Wesensmerkmal dieser Regierungsform scheint vorerst ausgedient zu haben.
Brandgefährliche Lage
Keiner hat diese Not besser – oder besser gesagt: schlechter – unter Beweis gestellt als gestern Abend der Bundeskanzler höchstpersönlich. Seine vorbereitete, abgelesene Erklärung zur Entlassung des bisherigen Koalitionspartners und Bundesfinanzministers Christian Lindner war nicht nur eine Kampfansage an die FDP. Sondern es war ein in dieser Form nie dagewesener Akt der Geringschätzung der eigenen Bevölkerung. Scholz rennt mit dem Kopf vor die Wand, zum Schaden des gesamten Landes, das sich aufgrund einer völlig desolaten Wirtschafts- und Sozialpolitik ohnehin in einer brandgefährlichen Lage befindet. Seine Wortwahl zeugte von einer Unversöhnlichkeit, wie man sie sonst nur von verrückt gewordenen Potentaten kennt.

Scholzens Motivation ist mit rationalen Argumenten kaum zu erklären. Denn alles, was von nun an passiert, fällt praktisch auf ihn allein und auf die SPD zurück – die bedröppelten Grünen-Minister Habeck und Baerbock wirkten mit ihren Stellungnahmen vom Mittwochabend ja erkennbar desorientiert und eher wenig begeistert vom Amoklauf ihres Regierungschefs. Scholz hatte nämlich erkannt, dass er ohne eine grundgesetzwidrige Aussetzung der Schuldenbremse – weder die Wahl Trumps noch der seit bald drei Jahren währende Ukrainekrieg sind unvorhersehbare Notlagen – mit seiner Art der Politik endgültig nicht mehr weiterkommt. Und er hat erkannt, dass die FDP ihm bei seiner konzeptionslosen Sondervermögen-Doppelwumms-Blenderei nicht mehr weiterhelfen würde. Also schmiss er sie beleidigt aus dem dysfunktionalen Ampel-Bündnis heraus, in der Hoffnung…

Rot-grüne Rumpfregierung

Ja, in der Hoffnung worauf eigentlich? Dass ohne eine liberale, den Grundsätzen der ökonomischen Realität verpflichtete Partei jetzt plötzlich alles besser werden würde? Mit wem will er denn den Weg gehen bis zu seiner erst für Januar angekündigten Vertrauensfrage? Dass der FDP-abtrünnige Verkehrsminister außer einem kurzen Symbolgewinn für die rot-grüne Rumpfregierung auch nur ansatzweise zur Lösung wird beitragen können, ist natürlich ausgeschlossen. Volker Wissing hat durch seinen gegenüber dem bürgerlichen Lager provokativen Akt die Situation sogar verschärft, weil er sich unsolidarisch zeigt und seinen (bisherigen) Parteivorsitzenden noch angreifbarer macht, als dieser es aus Sicht der staatsgläubigen Linken ohnehin schon ist.
Das auf Betreiben der von den Schröder-Reformen immer noch traumatisierten SPD eingeführte „Bürgergeld“ (allein die Wortwahl ist schon eine Verhöhnung jeglicher Bürgerlichkeit) hat sich nicht nur als gesellschaftlicher Spaltpilz erwiesen, sondern verunmöglicht strukturell jegliche halbwegs solide Haushaltsführung. Die Deutschen haben das längst erkannt, schließlich handelt es sich nicht ohne Grund um eine der unbeliebtesten „Reformen“ der Ampel-Koalition. Aber für die deutsche Sozialdemokratie war das Bürgergeld schon aus Gründen der Pfadabhängigkeit derart wichtig, dass eine Rückabwicklung unmöglich ist. Nur mit neuen Schulden lässt sich diese Gesetz gewordene Lebenslüge noch durchhalten. Was zeigt: Die im Februar 2022 vom Kanzler großmäulig ausgerufene „Zeitenwende“ war von Anfang an nichts anderes als eine Blendgranate.

„Staatspolitische Verantwortung“?

Dass CDU und CSU der verbliebenen Rest-Ampel nun irgendwie zur Seite springen werden, daran dürfte in Wahrheit auch der deutsche Bundeskanzler nicht glauben. Warum sollten sie es auch tun? Aus Gründen der jetzt wieder vielfach eingeforderten „staatspolitischen Verantwortung“? Das ist ein floskelhaftes Druckmittel, das von interessierter Seite immer dann in Stellung gebracht wird, wenn man sonst nicht weiter weiß. Nein, Friedrich Merz hat heute Morgen in der Fraktionssitzung die Wortwahl von Olaf Scholz in dessen gestrigem Statement offenbar als „unwürdig“ bezeichnet und klargestellt, dass er den Kanzler auffordern werde, die Vertrauensfrage spätestens in der nächsten Sitzungswoche zu stellen. Eine Aufweichung der Schuldenbremse und andere SPD-Vorhaben, wie der Kanzler sie sich offenbar vorstellt, werde die Union nicht mittragen, so der Kanzlerkandidat der Unionsparteien.

Wie gesagt: Alles, war zum Schaden der Bundesrepublik von nun an passiert, fällt auf den Bundeskanzler höchstpersönlich zurück. Er hat es so gewollt. Man sollte ihm tatsächlich kein Stückweit entgegenkommen. Je schneller dieser Mann als Kanzler Geschichte ist, desto besser für Deutschland

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