![]() |
Für ihn ist Kritik Majestätsbeleidigung |
Satire und die Grenzen der Meinungsfreiheit -
War das hier wirklich nötig? Die Polizei kannte den Account und die Identität des Bürgers. Dass er das Mem verbreitet hat, war ohne Probleme zu beweisen. Er hat die Tat noch nicht einmal geleugnet. Wozu brauchte man weitere Beweise? Die Hausdurchsuchung war völlig unverhältnismäßig. Angemessen – und üblich – wäre es gewesen, den Bürger auf die Polizeiwache zu laden und dort zu befragen, gerne in Anwesenheit eines Anwalts. Staatsanwälte, die übereifrig in Grundrechte eingreifen, will der Rechtsstaat nicht.
Meinungsfreiheit in der Demokratie
Ohne
Meinungsfreiheit gibt es keine Demokratie. Das Bundesverfassungsgericht
hält die Meinungsfreiheit für „schlechthin konstituierend“. Der
demokratische Diskurs ist nichts wert, wenn es keine Meinungsfreiheit
gibt. Angepasste Mainstream-Meinungen nachzuplappern, hilft der
Demokratie nicht. Deshalb schützt das Grundgesetz die Meinungsfreiheit
sehr stark. Meinungsäußerungen sind geschützt, unabhängig davon, ob sie
begründet oder grundlos, emotional oder rational, wertvoll oder wertlos,
gefährlich oder harmlos sind. Und wie selbstverständlich betont das
Verfassungsgericht, dass auch verfassungswidrige Meinungen von der
Verfassung geschützt werden. Das ist die demokratisch-souveräne Haltung
des Grundgesetzes.
Trotzdem hat die Meinungsfreiheit – wie andere Grundrechte auch – Grenzen. Wenn die Meinung eine Beleidigung ist, ist die Grenze überschritten. Aber ob etwas, das man sagt, eine Beleidigung im strafrechtlichen Sinne ist, ist Auslegungssache. Dabei ist die Wertung des Grundgesetzes der Leitfaden. Staatsanwälte und Richter, die das Strafgesetzbuch anwenden, müssen immer die besondere Bedeutung der Meinungsfreiheit für die Demokratie beachten. Konkret bedeutet das: Im Zweifel ist eine Meinungsäußerung eine Meinungsäußerung und keine Beleidigung.
Satire und ihre Grenzen
Das Schwachkopf-Mem
ist auch Satire. Es ist Kritik an der Macht, verfremdet, zugespitzt,
übertreibend, ein bisschen böse, künstlerisch bearbeitet. „Was darf die
Satire?“, fragt Kurt Tucholsky 1919 im Berliner Tageblatt.
Seine klare Antwort: „Alles“. Ganz so großzügig ist das Grundgesetz
nicht. Aber der verfassungsrechtliche Schutzbereich der Kunstfreiheit –
und Satire kann auch Kunst sein – reicht sehr weit. Das Grundgesetz
schützt die Kunst noch deutlich stärker als die Meinung. Sie kann
allenfalls durch andere Werte der Verfassung eingeschränkt werden.
Kunstfreiheit kommt noch nicht einmal dann an ihre Grenze, wenn sie die
Persönlichkeitsrechte anderer Menschen berührt. Erst wenn sie
Persönlichkeitsrechte schwer verletzt und die Menschenwürde betrifft,
überschreitet sie sicher ihre Grenze und wird unzulässig. Das ist
wichtig für die Justiz. Wenn sie das Strafrecht anwendet, muss sie
diesen extrem ausgeprägten Schutz der Kunstfreiheit beachten.
Was heißt das konkret? Bis man Satire als Beleidigung im strafrechtlichen Sinne werten kann, muss viel passieren. Freche, übergriffige, wütende, niveaulose, ungerechte, vielleicht auch gemeine Kritik in satirischer Form ist noch lange keine Beleidigung. Das satirische Schwachkopf-Mem, um das es hier geht, ist vor diesem Hintergrund sicher keine Beleidigung im strafrechtlichen Sinn.
Machtkritik und ihre Grenzen
Ohne
eine harte Auseinandersetzung in der Öffentlichkeit über politische
Probleme ist Demokratie nicht denkbar. Machtkritik ist ein
unverzichtbares Element der Demokratie. Deshalb sind die Grenzen der
Meinungsfreiheit und der Satire bei politischer Kritik noch viel weiter
gezogen. Politiker darf man auch überzogen oder ausfällig kritisieren.
Ob die Kritik sachlich berechtigt oder niveauvoll ist, ist nach
Auffassung der Verfassungsrichter in Karlsruhe unerheblich. Wer in der
politischen Arena auftritt, muss mehr Kritik einstecken als der
Normalbürger.
Trotzdem muss sich ein Minister nicht alles gefallen lassen. Wenn es nur noch um Diffamierung oder Erniedrigung geht, ist die Grenze erreicht. Dann wird die Meinungsäußerung zur strafbaren Schmähkritik und Beleidigung. Ist das Schwachkopf-Mem eine solche Schmähkritik? Sicher nicht. Es ist satirische Kritik an einem Minister. Das muss er aushalten, sagt die Verfassung.
Empfindlichkeit und Einschüchterung
Die Strafanzeige von Robert Habeck hat nicht nur eine juristische Dimension, sondern auch eine politische. Medienberichte sprechen davon, dass der Wirtschafts- und Klimaminister seit April 2023 700 Anzeigen wegen Beleidigung gegen Bürger gestellt hat. Das sagt etwas über seine Persönlichkeit und seine politischen Grundeinstellungen aus. Er ist überempfindlich, verträgt keine Kritik und hat einen zutiefst autoritären Reflex. Ein Minister braucht ein Minimum an Souveränität. Er muss Kritik ignorieren können. Er muss sie mit Argumenten in der öffentlichen Debatte entkräften, nicht mit strafrechtlicher Verfolgung unterdrücken. Und im Idealfall nimmt er seinen Kritikern mit guter Politik den Wind aus den Segeln.
Robert Habeck hat diese Souveränität nicht. Er begreift Kritik als Majestätsbeleidigung. Bürger mit Anzeigen einzuschüchtern, ist eines demokratischen Ministers unwürdig. Das tun nur Politiker in autoritären Staaten. Robert Habeck hat das offensichtlich nicht verstanden.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen