08 September 2024

Focus Chefredakteur zu Wahlreaktionen (Focus 37/2024)

Focus Chefredakteur Georg Meck zu Wahlreaktionen
Es gibt viele Möglichkeiten, auf Wahlschlappen zu reagieren. Die dümmste ist der Satz, den wir an jedem Wahlabend im Übermaß hören: „Wir müssen unsere Politik besser erklären.“ Oder eine Stufe verquaster: „Wir müssen besser kommunizieren.“ SPD-Trümmerfrau Saskia Esken ist in der Disziplin Spitzenklasse, so zuverlässigstur, wie sie am Niedergang der Sozialdemokratie arbeitet.
Nun ist es ein löblicher pädagogischer Vorsatz, den Dingen auf den Grund zu gehen und sie gut zu erklären. Erzieher und Lehrerinnen sollten sich unbedingt daran halten. Aus dem Mund von abge straften Politikern dagegen ist der Satz eine Frechheit, die unerreicht unpopulä re Ampelregierung setzt jetzt auch darin Maßstäbe.
Mehr Verhöhnung der Wählerinnen und Wähler geht kaum, heißt die „Besser erklären“ -  Ausflucht doch nur: Ihr komischen Bürger, ihr unmündigen und undankbaren Tropfe habt uns nicht verdient. Ihr seid zu doof, um zu erkennen,wie sehr wir uns ins Zeug gelegt haben, wie wir uns Tag und Nacht dem Wohle des deutschen Volkes gewidmet, seinen Nutzen gemehrt und Schaden von ihm abgewehrt haben.
Der Gedanke, dass die Protestwahl mit der kläglichen Leistung der Regierung zu tun hat, liegt außerhalb von deren Vorstellungskraft. „Wie abgekapselt leben die in ihrer Blase? Merken die gar nicht, was sie im Land anrichten?“, bricht es aus dem Topmanager eines Münchner Dax-Konzerns heraus. „Wie lange müssen wir das noch ertragen?“, fragt der Mann beim Mittagessen im Vorstandscasino, so erschüttert ist er über das Versagen der Ampel, welche die „Systemverächter an den Rändern hochgezüchtet“ hat.
Mit „besser erklären“ ist da nichts zu kitten. „Besser regieren“ wäre zielführender. Statt das Volk zu belehren und zu bevormunden, hieße das, den Spieß umzudrehen und sich ausnahmsweise mal von den Bürgern erklären zu lassen, was alles schiefläuft in der Republik.
So hat Berlin das Problem der ungeregelten Migration noch geleugnet, als selbst Landräte mit grünem Parteibuch in der Provinz längst Alarm geschlagen haben. Untaugliche, mehr öko-linkem Populismus als den Nöten der Realität gehorchende Reformprojekte (Stichwort Energie, Stichwort Rente) tun ein Übriges zur allgemeinen Frustration, identitätspolitische Sperenzchen sowieso. Ganz zu schweigen von Hämmern wie dem Heizungsmurks, den Wirtschaftsminister Robert Habeck im Nachhinein zum Test darüber erklärt hat, wie weit die Bevölkerung bereit ist, für Klimaschutz auch Belastungen in Kauf zu nehmen.
Der Test ist misslungen, so viel lässt sich im Lichte der Wahlergebnisse in Thüringen und Sachsen sagen: Die Grünen hat es aus der Kurve getragen. Von wegen neue Volkspartei. Von wegen Stimme der jungen Generation. Den Rang hat ihnen die AfD abgelaufen. Alice Weidel sticht Luisa Neubauer. Das ist keine gute Botschaft für das gesellschaftliche Klima, erst recht nicht für das Weltklima.
Wer könnte das der Ampel bei Gelegenheit erklären?
Herzlichst Georg Meck, Chefredakteur

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