11 September 2024

Wahlrechtsreform stärkt mit dem Segen des BVerfG den Parteienstaat

Wahlrechtsreform stärkt mit dem Segen des BVerfG den Parteienstaat

Kandidaten mit den meisten Stimmen in einem Wahlkreis kommen unter Umständen nicht in den Bundestag. Das versteht kein Mensch. Warum überhaupt noch wählen?
Eine Wahlrechtsreform könnte so einfach sein. Es gibt 299 Wahlkreise. Jeder Wähler hat zwei Stimmen. Mit der ersten werden 299 Wahlkreiskandidaten und mit der Zweiten eine gleiche Anzahl von Kandidaten, die von den Parteien entsandt werden, gewählt. Dann wären Mehrheits- und Verhältniswahlrecht im Gleichgewicht.
Doch insbesondere in linken Parteien und sympathisierenden Medien wird darüber nachgedacht, wie man den Einfluss der Wähler auf Wahlen zurückdrängen kann. In der ZEIT vom 10.09.2024 meint Eva Richarda Lausch
dass, wer etwas verändern und gleichzeitig die Demokratie schützen will, der müsse die Parteien und das Parlament als Bühne benutzen, und warnt davor, dem „Volkswillen“ zu viel Raum zu geben. Sie verlangt eine Stärkung der repräsentativen Demokratie in den Parlamenten durch einen stärkeren Parteieneinfluss, womit wir beim Thema wären.
Demokratie heißt bekanntlich Volksherrschaft und Wahlen sind nach dem Grundgesetz als allgemein, unmittelbar, frei, gleich und geheim festgesetzt.
(Ob diese Wahlgrundsätze bei einer Briefwahl gegeben sind, ist strittig. Obwohl sie laut BVerfG nur in Ausnahmefällen statthaft sein soll, ist sie mit allen ihr innewohnenden Manipulierungsmöglichkeiten inzwischen zur Regel geworden und damit verfassungswidrig.)
Obwohl es im Artikel 21 GG heißt: „die Parteien wirken (Anm. "nur") an der Willensbildung des Volkes mit“, haben es die Parteien längst geschafft, sich die Macht schrittweise zu sichern. Sie versuchen, dem Volk ihren Willen aufzuzwingen und eine Demokratie zu formen, die ihnen die Macht sichert..
Wenn aber alle Macht in den Händen von Parteien liegt, kann man nicht mehr von einer Demokratie im Sinne einer „Volksherrschaft“ sprechen. Wir leben deshalb eher in einem „Parteienstaat“, einer „Parteienoligarchie“ (Herrschaft der Wenigen in den Parteien).
 
Deshalb braucht sich auch das sog. Spitzenpersonal in den Parteien nicht um die Wählergunst zu bemühen. Sie ziehen immer wieder in Parlamente ein, obwohl sie keiner wählt. Sie werden von vornherein von den Parteien gesetzt und abgesichert. So wurden z.B. von den 117 Grünen im Bundestag 3, von den 38 Linken 2, von 92 der FDP und 78 der AfD keiner der Abgeordneten direkt gewählt.
Damit ist die repräsentative Demokratie so gut wie abgeschafft. Wir Wähler haben keinerlei Einfluss auf die Landeslisten der Parteien. Folglich sitzen derzeit im Bundestag von 736 Abgeordneten nur 299 von den Wählern direkt Gewählte. Die restlichen 439 wurden von den Parteien „entsandt“, davon 111, die eigentlich chancenlos waren und nur durch dubiose Berechnungsmethoden ihr Mandat erhielten.

439 der derzeitigen Bundestagsabgeordneten wurden in Hinterzimmern von Parteigremien auf vordere Listenplätze gehievt. Bei den Wahlen geht es dann nur noch darum, wer von den hinteren Plätzen noch zum Zuge kommt und wer nicht. Und wer nicht zum Zuge kommt hat zumindest Aussicht auf gut dotierte Posten, die von den Parteien direkt oder indirekt vergeben werden.

Damit ist der Staat und der Bundestag zur Versorgungseinrichtung für Parteikader geworden.
Auch zeigt sich die „Herrschaft der Wenigen“ in den Parteien darin, dass z.B. Koalitionsvereinbarungen nicht von den die Regierung tragenden Fraktionen, also den gewählten Abgeordneten, genehmigt werden, sondern von den Parteimitgliedern. Die Ampelparteien haben zusammen knapp 600.000 Mitglieder. Im ungünstigsten Fall könnten also gut 300.000 Parteimitglieder oder 0,75 % der rund 40 Mill. Wahlberechtigten die Politik in Deutschland bestimmen.

Das wäre alles noch zu ertragen, wenn die Politik wenigstens vernünftige Ergebnisse im Sinne der Mehrheit des Volkes liefern würde.
Nun soll es eine Wahlrechtsreform richten. Die Crux ist, dass diejenigen, die über ein praktikables Wahlrecht entscheiden sollten, selbst betroffen sind.

Die Ampel ließ sich nun eine „Wahlrechtsreform“ einfallen, die Wahlkreismandate deutlich zugunsten von Listenwahlplätzen verringern sollthe. Das wurde zwar vom BVerfG korrigiert, aber die Reform versteht kein Mensch, weil weiterhin ein Kandidat, der seinen Wahlkreis gewinnt, sich künftig nicht mehr sicher sein kann, auch das Mandat zu bekommen und in den Bundestag einzuziehen, wenn seine Partei insgesamt zu wenige Stimmen bekommen hat.
Mit anderen Worten: Er muss sich von Parteifunktionären und -strukturen abhängig machen, um einen guten Listenplatz zu bekommen, sonst war der teure und anstrengende Wahlkampf womöglich vergebens. Grund zum Jubel für die Partei-Hierarchen und ihre Hinterzimmer-Macht!
(Die roten Punkte links zeigen, welche Direktmandate derzeit betroffen wären).
Das schwächt das Parlament, weil weniger wirklich unabhängige Kandidaten einziehen, die sich leisten können, gegen die eigenen Parteifürsten unabhängig das Wort zu führen und zeugt von einer Politik gegen das Volk.

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