DIE WELT berichtet: 5,9% der gesamten Asylanträge stammten 2023 aus Ländern, mit denen Deutschland Migrationsvereinbarungen unterhält. Nach Angaben des UNHCR haben 2023 zum Beispiel 7893 Menschen aus Usbekistan einen Antrag auf Asyl im Ausland gestellt, 109 in Deutschland.
Weitere Deals mit Kenia und Usbekistan hatte der Sonderbevollmächtigte der Bundesregierung für Migrationsabkommen, Joachim Stamp, im Juni angekündigt. Am Freitag wurde nun das Abkommen mit Kenia unterzeichnet, am Sonntag folgte Usbekistan. Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei hält von derartigen Maßnahmen wenig: „Es wäre wichtiger, solche Abkommen mit Ländern zu schließen, die auch Hauptherkunftsländer der Migration sind“, sagt er zu WELT. Gleichzeitig müsse mehr auf die völkerrechtliche Verpflichtung zur Rücknahme eigener Staatsbürger gepocht werden.'
Stamp dagegen sprach von einer „großen geopolitischen Bedeutung“ der
Länder. Man plane eine „nachhaltige Partnerschaft“. Ähnliche
Vereinbarungen seien auch mit Kirgistan und den Philippinen
geplant, so der FDP-Politiker. Doch auch bei Kenia und Usbekistan
stellt sich die Frage nach dem Potenzial solcher Vereinbarungen.
Nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) haben im vergangenen Jahr 7893 Menschen aus Usbekistan einen Antrag auf Asyl im Ausland gestellt, 109 davon in Deutschland. Nur fünf dieser Anträge bekamen einen positiven Bescheid, 57 wurden abgelehnt, über die verbleibenden 47 wurde bis Ende des Jahres nicht mehr entschieden.
In Usbekistans Hauptstadt Taschkent herrscht dagegen eine ganz andere Stimmung. Schulen, die Deutsch unterrichten, boomen, junge Usbekinnen und Usbeken bewerben sich auf deutsche Stipendien und strömen in Bildungseinrichtungen, um Sprachkenntnisse zu erwerben, die ihnen Zugang zum europäischen Arbeitsmarkt ermöglichen. Der Altersdurchschnitt des Landes liegt bei 28 Jahren, die Jugendarbeitslosigkeit zuletzt bei rund elf Prozent. Im Ausland zu arbeiten, sei der Traum vieler junger Usbekinnen und Usbeken, erzählen Einheimische auf den Straßen.
Sie hoffen auf bessere Zukunftsaussichten, wollen sich mit ihrer Familie ein neues Leben aufbauen. Fürs Studium gehen viele Usbekinnen und Usbeken daher ins Ausland – bevorzugt in die USA, in das Vereinigte Königreich und nach Schweden. Doch ganze 88 Prozent der im Ausland gestellten Asylanträge wurden 2023 abgelehnt. Am Ende bleiben meist nur zeitlich befristete Anstellungen, für die junge Menschen aus Usbekistan vor allem in die Türkei fliegen.
Mehrere Migrationsabkommen gescheitert
Das Migrationsabkommen mit der Bundesregierung könnte das ändern. „Usbekistan hat ein hohes Interesse an legalen und sicheren Wegen der Erwerbsmigration für seine junge Bevölkerung in den deutschen Arbeitsmarkt“, schreibt das Bundesinnenministerium auf Anfrage.
Zugleich habe man eine „praxiswirksame Zusammenarbeit bei der Reduzierung irregulärer Migration und der Rückkehrzusammenarbeit verbindlich vereinbart“. Diese Zusammenarbeit, die ursprünglich auch die Unterstützung Usbekistans bei der Rückführung afghanischer Staatsangehöriger umfassen sollte, ist seit der Machtübernahme der Taliban 2021 ins Stocken geraten.
Die
humanitäre Lage in Afghanistan hat sich seitdem dramatisch
verschlechtert. Abgelehnten Asylbewerbern drohen Verfolgung, Folter oder
sogar die Todesstrafe. Laut dem Non-Refoulement-Prinzip der Genfer
Flüchtlingskonvention ist es daher verboten, Menschen in Länder wie
Afghanistan abzuschieben. Deutschland hatte in der Vergangenheit
versucht, ein Abkommen mit Afghanistan zu schließen, das sich
insbesondere auf die Rückführung abgelehnter Asylbewerber fokussierte.
Nach der Machtübernahme der Taliban waren die Verhandlungen jedoch
eingestellt worden.
Auch mit anderen Staaten sind geplante Migrationsabkommen gescheitert. Auf einer Reise durch Westafrika im vergangenen Jahr war Bundeskanzler Olaf Scholz mit seinen Vorschlägen für ein derartiges Abkommen in Nigeria abgeblitzt. Er hatte in Ghana und Nigeria potenzielle Kooperationspartner für den Ausbau des Stromnetzes und die Eindämmung irregulärer Migration gesucht.
Trotz Kritik und Rückschlägen hält das Bundesinnenministerium an den Migrationsabkommen fest und betitelt den starken Rückgang der Asylanträge von Menschen aus Georgien (mehr als 70 Prozent weniger Anträge) und aus Moldau (mehr als 50 Prozent weniger Anträge) als Erfolg. Dabei betreffen diese Zahlen hauptsächlich junge motivierte Fachkräfte, die aus besagten Ländern stammen und auf legale Zuwanderungsmöglichkeiten setzen.
Lösungsvorschläge zum Umgang mit Rückführungen abgelehnter Asylbewerber aus Ländern wie Afghanistan, Syrien oder dem Irak bleiben weiter aus. Der aktuelle Kurs der Bundesregierung konzentriert sich aktuell offenbar auf Symbolpolitik, die auf die Reduzierung von Asylanträgen aus Ländern mit ohnehin geringen Anerkennungsquoten setzt. Die problematischen Folgen unregulierter Migration, die in Deutschland zuletzt immer offensichtlicher werden, werden davon kaum berührt.
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