Der amerikanische Physik-Nobelpreisträger Steven Chu hat Deutschlands Atomausstieg in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS) kritisiert und dem Land dringend geraten, seine Entscheidungen in der Energiepolitik zu überdenken.
Die Schwerindustrie, insbesondere die chemische und petrochemische Industrie, habe Fabriken, „die man nicht einfach ein- und ausschaltet, nach dem Motto: Ups, wir haben gerade keinen Strom mehr, also fahren wir sie mal für einen Tag runter. Selbst eine Montagefabrik, eine Autofabrik oder eine Halbleiterfertigungsanlage benötigt extrem stabilen Strom“, sagte Chu.
Die Gesellschaft müsse begreifen, dass diese
Industrien preisgünstigen Strom brauchen – und zwar rund um die Uhr.
„Und wenn sie ihn nicht bekommen, dann werden sie erheblich
beeinträchtigt. Das könnte zu einer Abwanderung der Schwerindustrie aus
Deutschland führen, und das wäre für die deutsche Wirtschaft
katastrophal. Wenn einzelne Leute also sagen, sie wollen dies nicht, sie
wollen das nicht, sie wollen keine Atomkraft, sie wollen auch keine
Kohle, sie können alles mit erneuerbaren Energien hinbekommen, dann
betreiben diese Menschen offenkundig keine Halbleiterfabriken, keine
Chemiefabriken oder Fertigungswerke“, so Chu weiter.
Chu war von 2009 bis 2013 US-Energieminister unter Barack Obama. Den Physik-Nobelpreis erhielt er im Jahr 1997, sein Spezialgebiet ist die Beeinflussung von Atomen mittels Lasern. Der US-Amerikaner mit chinesischen Wurzeln setzt sich zudem seit Langem für mehr Forschung zu regenerativen Energien ein.
„Wenn diese Leute vernünftig wären...“
Die Frage an die Deutschen, so Chu in seinen Ausführungen gegenüber der „FAS“ weiter, laute doch: „Wollen sie eine prosperierende Wirtschaft, wollen sie Arbeitsplätze und Wohlstand erhalten und gleichzeitig ihre Klimaziele erreichen, oder wollen sie nur ihre Klimaziele erreichen?“ Wenn man beides wolle, dann sehe die Atomkraft „nicht mehr so übel aus“, sagte Chu.
An den Grünen übte Chu harte Kritik. „Von den Grünen kommen viele Falschinformationen. Wenn diese Leute vernünftig wären, was viele nicht sind, dann würden sie die Atomenergie der Alternative vorziehen, nämlich Gaskraftwerken, deren Treibhausgase man abscheiden muss.“
Wer Erdgas ohne Abscheidung wolle, sei nicht wirklich am Klima und an Nachhaltigkeit interessiert, sagte Chu. Die Haltung der grünen Partei sei nicht mit „unserer zukünftigen Realität vereinbar“, sagte Chu: „steigendem Wohlstand, steigendem Energiebedarf“. Nur müsse diese Energie sauber sein, sonst müsse Deutschland Kohlekraftwerke nutzen.
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