In der Dormanz warten dann beide, die Pflanze und die Wirtschaft, auf bessere Wachstumsbedingungen – auf mehr Licht, mehr Wasser und frischen Mineraldünger. Und im Fall der deutschen Wirtschaft wünscht man sich auch einen neuen Gärtner.
Habeck selbst ist – das kann man nach zwei Jahren seines Wirkens sagen – Teil eines botanischen Experiments, das schiefgegangen ist. Die ökonomische Pflaume (lat. prunus oeconomicus) wollte man im Zuge der Regierungsbildung in einen politischen Gärtner (lat. hortulanus politicus) verwandeln, was der wirtschaftlichen Vegetation in Deutschland nicht gut bekommen ist. Die Ampel-Koalition hat ihre Wachstumsprognose für dieses Jahr von 1,3 Prozent auf nur noch 0,2 Prozent gesenkt. Im Jahreswirtschaftsbericht 2024 schlägt Robert Habeck einen melancholischen Ton an:
"Die
wirtschaftliche Lage zum Anfang dieses Jahres bietet weiterhin Anlass
zur Sorge. Im Jahr 2023 ist die deutsche Wirtschaft um 0,3 Prozent
geschrumpft. Eine deutliche Erholung bleibt weiterhin aus".
"Die wirtschaftliche Lage zum Anfang dieses Jahres bietet weiterhin Anlass zur Sorge. Im Jahr 2023 ist die deutsche Wirtschaft um 0,3 Prozent geschrumpft. Eine deutliche Erholung bleibt weiterhin aus".
Die Aufzucht neuer Triebe will ihm nicht gelingen. In wilder Verzweiflung läuft Habeck neuerdings durch die Botanik und fordert die ihm anvertrauten Pflanzen zum Weiterwachsen – oder wie er es nennt, zum „Standort-Patriotismus“ – auf. Sie mögen doch, fleht er sie an, aus Liebe zum Gewächshaus und seinem Gärtner die Knospenruhe beenden und endlich wieder Triebe treiben.
Doch in Habecks Garten wachsen nicht die Pflanzen, sondern nur die Ausreden. Putin, Hamas, Covid-Spätfolgen und der Klimawandel haben sich gegen ihn verschworen. So ist es im Jahreswirtschaftsbericht nachzulesen. Hinzu kommt noch: Was die Huthi-Rebellen für die Frachtschiffe der globalen Logistikkonzerne sind, sind die Truppen des Christian Lindner für unseren Wirtschaftsminister: Ständig schießt man ihm aufs Dach.
Auch das Bundesverfassungsgericht ist ihm nicht wohlgesonnen. Da wollte sich der brave Gärtner in seiner Not den Mineraldünger am Kreditmarkt besorgen. Nicht mal das darf er. Für das Verfassungsgericht gibt es nur legale und illegale, aber keine patriotischen Schulden.
Und auch im Ringen um ein Wachstumspaket für Unternehmen gab es im Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag am Mittwochabend keine echte Einigung. Der Ausschuss nahm mit den Stimmen der Ampel-Mehrheit zwar ein Verhandlungsergebnis zum Wachstumschancengesetz an. Weil die Union aber nicht zustimmte, kommt es nun zum Showdown am 22. März im Bundesrat. Dann wird erneut über das umstrittene Gesetz abgestimmt.
So bleibt nur der trostlose Befund: Deutschland ist das einzige Land unter den großen Industrienationen, in dessen Garten die Pflanzen keine neuen Triebe treiben. Ein ratloser Habeck sagte bei der Vorlage des Jahreswirtschaftsberichts das, was Politiker immer sagen, wenn sie mit ihrem Latein am Ende sind: „Was wir jetzt brauchen, ist ein Reformbooster.“
Das von ihm vorgelegte Zahlenwerk kommt einer Kapitulationsurkunde im größten Industrieland Europas nahe:
#1 Die Reallöhne sinken – und der Wohlstand gleich hinterher.
Die Hälfte des deutschen Bruttoinlandsprodukts hängt am privaten Konsum. Sinkende Reallöhne lasten damit schwer auf dem Wirtschaftswachstum – und sie „befinden sich noch immer auf einem niedrigeren Niveau als noch im Jahr 2021“, heißt es im Bericht.
#2 Am Wohnungsmarkt kündigt sich weitere Verknappung und damit Verteuerung an.
Für die Immobilienwirtschaft sieht es düster aus. Der Trend für die monatlichen Wohnungsgenehmigungen kennt seit 2021 nur eine Richtung – nach unten. Im laufenden Jahr fehlen knapp 600.000 neue Wohnungen, bis 2027 sogar mehr als 800.000.
#3 Im Strommix sind fossile Brennstoffe weiter unverzichtbar.
Solange leistungsfähige Speichermedien fehlen, kann die Vision von der „all electric society“ nicht aufgehen. Zur Absicherung der Grundlast braucht es 20 neue Gaskraftwerke und die alten Kohlemeiler dürfen nicht verschrottet werden, sondern müssen in der Reserve weiterlaufen. Der doppelte Energiekreislauf ist die teuerste Form der Energieversorgung und die verlogenste: außen grün und innen braun.
#4 Die Fachkräftelücke wird sich vergrößern.
Politisch gewünschte Projekte wie die Viertagewoche und die allgemeine Rente mit 63 werden die Fachkräftelücke auf dem Arbeitsmarkt nicht füllen, sondern vertiefen. Bereits heute fehlen in Deutschland etwa eine halbe Million Fachkräfte. Der Arbeitgeberverband BDA geht davon aus, dass bis 2030 dem Arbeitsmarkt fünf Millionen Menschen fehlen werden.
#5 Die Innovationskraft der Volkswirtschaft sinkt.
„Unsere Aufgabe ist es, Innovationen zu erleichtern und auch die digitale Transformation voranzutreiben“, heißt es in Habecks Bericht. Denn die Innovatorenquote
– also der Anteil der Unternehmen, die in einem Jahr mindestens eine
Innovation herausgebracht haben – ist im langfristigen Trend klar rückläufig.
#6 Firmen wollen Deutschland verlassen.
Jedes sechste Unternehmen des industriellen Mittelstandes in Deutschland ist gerade dabei, Arbeitsplätze und Teile seiner Produktion ins Ausland zu verlagern. Weitere 30 Prozent befinden sich mit ihren Abwanderungsgedanken bereits in der Planung, wie aus einer Umfrage des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) hervorgeht. Die hohen Energiepreise, die Bürokratiekosten und die im internationalen Vergleich hohen Steuern sind die entscheidenden Treiber für diese Pläne.
#7 Nur bei den Abgaben sind wir wirklich Spitze.
Trotz anderslautender Beteuerungen werden Bürger und Unternehmen in Deutschland immer stärker zur Kasse gebeten. Habecks Bericht weist dabei nur die Steuerquote aus – also die Steuereinnahmen zum BIP –, die steigt langsam, aber stetig an. Inzwischen liegt sie bei 24,7 Prozent.
Eine noch bessere Aussage über die staatlichen Belastungen auf Verbraucher und Wirtschaft liefert die Abgabenquote. Denn diese beinhaltet auch die Sozialabgaben, findet im Bericht aber keine Erwähnung. Hierbei liegt Deutschland mit einer Quote von 40,9 Prozent weltweit unter den Top 10 Abgabenländern.
Fazit: Robert Habeck ist der einsamste Gärtner unter der Sonne. In seiner Amtszeit ist die ihm anvertraute deutsche Volkswirtschaft geschrumpft und die Verzweiflung gewachsen. Mit dieser Bilanz kann man im Parteienstaat noch immer manches werden, aber nicht mehr grüner Kanzlerkandidat.
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