27 Juni 2022

Business Class Edition: Zuversicht in schwierigen Zeiten

Business Class Edition: 
 
Zuversicht in schwierigen Zeiten
Guten Morgen,
wer in diesen Tagen in Gesprächsrunden nach der allgemeinen Stimmung gefragt wird, antwortet gerne mit einem bedrückten Verweis auf die kritische Weltlage, um erst danach die eigentliche Antwort zu geben. Es geht gut, aber darf es das überhaupt?
Tatsächlich überbieten sich die schlechten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik im Tages- und Stundentakt. Energiemarkt, Wirtschaftswachstum, Inflation, Zinsen, Immobilien. Und mit der Drosselung der Gasexporte Russlands steht Deutschland womöglich einen Schritt vor einer echten Energiekrise. Robert Habeck sagte am Donnerstag:
                       "Die Gasproblematik kann schlimmer werden als die Corona-Pandemie! Das ist vielen noch nicht klar".
Tatsächlich sind die Szenarien im Falle eines Gas-Stopps dramatisch. Und die weiteren belastenden Faktoren für Wirtschaft und Gesellschaft tun ihr übriges.
Es gibt also allerlei Grund zum Pessimismus, und darin steckt womöglich die wahre Gefahr dieser Tage. Denn, wie Ludwig Erhard uns schon mit auf den Weg gab: Wirtschaft ist zu 50 Prozent Psychologie.
Mit anderen Worten: Wer zur Halbzeit zurückliegt, sollte nicht aufgeben – sondern kämpfen und sich auf die eigenen Stärken besinnen. Und die gibt es auch in der aktuellen Krise zahlreich. Manche resultieren sogar aus ihr. In jedem Fall lohnt sich gerade dann ein Blick darauf, wenn alle nur noch die Düsterkeit sehen wollen.

1. Die hohen Energiepreise belasten Verbraucher und Wirtschaft. Aber sie setzen spürbar auch eine regelrechte Innovationswelle in Gang. Der Umstieg von fossilen auf regenerative Energieträger beschleunigt sich.
Das Energieunternehmen RWE will mit dem Stahlhersteller ArcelorMittal beim Bau und Betrieb von Offshore-Windparks zusammenarbeiten. Das Ziel: Die Produktion von CO2-neutralem Stahl vorantreiben. Aber auch die Politik reagiert: Die Europäische Kommission plant, mit einem 300 Milliarden Programm die Energiewende zu beschleunigen. Das Geld soll vor allem in den Ausbau von Wind- und Solarkraft sowie der Stromnetze fließen.
                                              Wie so oft sind es nicht Ideologien, die den Wandel beschleunigen, sondern der Markt selbst. 
2. Die Gesellschaft ist krisengestählt. In der Pandemie etwa brachen zahlreiche Berufsbranchen nahezu weg. Im Event- und Gastronomiebereich und im Tourismus folgte dem Virus eine Entlassungswelle. Noch immer suchen die Arbeitgeber nun die damals verlorenen Arbeitskräfte. Der Grund ist einfach – und ein guter: Im ersten Quartal 2022 gab es nach Angaben des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung bundesweit 1,74 Millionen offene Stellen. In Deutschland herrscht quasi Vollbeschäftigung – die Arbeitslosenquote lag im Mai bei 4,9 Prozent. Betriebe, die auch in der Krise an ihrem Personal festgehalten haben, profitieren von dem gegenseitigen Vertrauen. 
3. Die Flughäfen sind voll, die Züge überlastet. Auch wenn der Personalmangel an den Flughäfen manchem Reisenden die Freude am Urlaub für einen Moment verdirbt, besteht kein Zweifel: Die Tourismus-Branche feiert gut zwei Jahre nach dem Ausbruch der Pandemie ihr großes Comeback. Bereits im Februar und März lag das Neubuchungsaufkommen im Wochenvergleich konstant über dem von 2019, also vor Beginn der Pandemie. Ende Februar hatte jeder Dritte, der im Sommer verreisen möchte, seine Reise gebucht. Doch nicht nur Urlaube am Meer sind gefragt, auch Deutschland bleibt begehrt: So zählten die Beherbergungsbetriebe im April 35,7 Millionen Übernachtungen – mehr als viermal so viel im Vergleich zum Vorjahresmonat. Es ist Zeit zum Durchatmen.
4. Die Forschung ist seit jeher ein Gesellschaftszweig, der aus Krisen Hoffnung entstehen lässt. Krise, Krieg, Pandemie – alle sind Treiber von Umbruch und Katalysatoren der Wissenschaft. In Rekordzeit wurde ein Impfstoff entwickelt, um das Corona-Virus in den Griff zu bekommen. Auch die Künstliche Intelligenz steht kurz vor einem Quantensprung: Die ersten selbstfahrenden Autos bevölkern bereits die Straßen, die Künstliche Intelligenz „Dall-E“ interpretiert Sprache zu künstlerischen und kreativen Bildern. Im Gesundheitssektor entwickelt das Unternehmen Deepmind ein Modell, welches die Zusammensetzung von Proteinen vorhersagt und ihre Funktion beeinflussen kann. Dadurch steht die Heilung von Krankheiten wie Alzheimer, Parkinson oder Krebs in Aussicht. Was das globale Wissen angeht, bleiben wir die beschenkten Spätgeborenen.
Fazit: Die Gaskrise ist womöglich eine der größten Herausforderungen, vor der Deutschland steht. Und sie lässt sich nicht mit gutem Zureden besiegen. Wir werden in Wirtschaft, Verbraucherverhalten und Politik mit geübten Gewohnheiten brechen müssen. Aber keine Krise ist so groß, dass der Optimismus verloren gehen darf.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen