Hier die fünf verstörenden Fakten, die es gemäß der westlichen Handelsbarrieren gar nicht geben dürfte:
1. Das russische Finanzsystem, das man kurz nach Kriegsbeginn vom internationalen Zahlungsverkehr SWIFT abschnitt, ist nicht zusammengebrochen. Im Verlauf des Krieges wurde der Dollar gegenüber dem Rubel sogar schwächer – die russische Währung notiert derzeit rund 9,6 Prozent über dem Vorkriegsniveau.
Grund für diese Stabilität ist, dass die russische Leistungsbilanz trotz der verordneten Abschottung steigt und einen Überschuss vorweisen kann – die Exporte übertreffen die Importe, was die USA nicht von sich behaupten können. Das liegt auch an den Energiepreisen, die der Westen durch seine Boykott-Beschlüsse in den Himmel geschickt hat.
2. Die russische Volkswirtschaft erlebte, wie der Westen auch, im vergangenen Jahr eine Delle und wird in 2023 laut der Vorhersage des Weltwährungsfonds (IWF) wieder wachsen. Der IWF geht von einem Wachstum um 0,3 Prozent aus. In 2024 dürfte das russische Wachstum das deutsche Wachstum deutlich übertreffen, sagt der IWF. Der Versuch, das Land ökonomisch in die Knie zu zwingen, ist damit gescheitert. Janis Kluge, Russlandexperte und Ökonom bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, kann nicht umhin als kühl zu bilanzieren:
Sergej Alexaschenko, ehemaliger stellvertretender Finanzminister der Russischen Föderation, sagte auf einer Veranstaltung in diesem Monat, dass 2023 „ein schwieriges Jahr“ für die russische Wirtschaft sein werde, aber:"Die russische Wirtschaft hat das Jahr 2022 überlebt"
"Keine Katastrophe, kein Zusammenbruch".
3. Apple und Samsung haben sich zu Beginn des Krieges zwar aus dem russischen Markt zurückgezogen, die Lücke füllen aber inzwischen chinesische Hersteller wie Xiaomi, Realme und Honor. Auch bei anderen Waren wie Waschmaschinen oder Industriegütern rücken die Türkei und vor allem China nach: Insgesamt erreichten die chinesischen Exporte nach Russland im Dezember ein Rekordhoch und trugen dazu bei, den starken Rückgang im Handel mit Europa auszugleichen.
Auch Apple- und Samsung-Produkte finden mittlerweile über die neuen Handelsrouten ihren Weg zurück nach Russland. Eine Studie zu den Sanktionsfolgen des US-Thinktanks Silverado Policy Accelerator sagt:
"Smartphones von Firmen wie Apple und Samsung werden weiterhin von Dritten nach Russland geliefert. Diese Produkte werden von ihren Produktionsstandorten in Asien – manchmal über Europa, Hongkong oder andere Länder – nach Armenien und Kasachstan geliefert. Von dort werden sie nach Russland exportiert".
Die New York Times wundert sich:
"A strange thing happened with smartphones in Armenia last summer".
4. Keineswegs teilen alle Firmen den politischen Willen, sich von Russland zu entkoppeln. Das Primat der Politik wird rhetorisch akzeptiert und im Tagesgeschäft missachtet. Eine Studie von Simon Evenett und Niccolò Pisani an der Universität St. Gallen behauptet, dass nicht einmal neun Prozent der EU- und G7-Konzerne ihre Tochterunternehmen in Russland aufgelöst haben.
Die Autoren haben 1.404 Konzerne analysiert, welche vor dem Krieg insgesamt 2.405 Tochterunternehmen in Russland betrieben. Nur 120 Konzerne haben der Studie zufolge mindestens eine Niederlassung vor Ort komplett abgeschrieben und veräußert. 20 Prozent der Unternehmen, welche in Russland nach diesen Kriterien noch aktiv sind, kommen aus Deutschland.
Das süffisante Fazit der Autoren:
"Vielleicht sind sich die westlichen Politiker und Wirtschaftsführer nicht so einig, was die Vorzüge der Entkopplung angeht".
5. Auch auf der russischen Exportseite brummt das Geschäft. Die Welt ist weiterhin an den russischen Rohstoffen interessiert, die so reichlich im dortigen Permafrostboden schlummern. Kaum hatte der Westen seine Öl- und Gasbezüge eingestellt, sprangen neue Abnehmer ein. Dies bestätigt auch eine Recherche von Bloomberg. Laut dem Nachrichtenportal fließen rund 2,5 Millionen Barrel Öl pro Tag an die Türkei, China, Indien und viele afrikanische Staaten.
Auch Europa kommt trotz der Sanktionen nicht ohne russisches Gas aus. Länder wie Frankreich, Belgien, die Niederlande und Spanien erhalten laut der Lobbyvereinigung „Zukunft Gas“ immer noch russisches LNG. Über diesen Umweg wird auch Deutschland weiterhin mit russischem Flüssiggas beliefert – wenn auch nur mit reduzierter Dosis.
Fazit: Die unsichtbare Hand des Marktes lässt sich nicht fesseln, wie wir am Beispiel Russlands sehen und aus dem kriminellen Treiben der Menschenhändler, der Drogenbarone und Waffenschieber ohnehin wissen. „Sanctions are a low cost policy“, schreibt Agathe Demarais in ihrem soeben erschienenen Buch „Backfire“ (Fehlzündung).
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen