"Eine großartige Analyse von Eric Gujer in der NZZ. Besser kann
man nicht beschreiben, in welcher Zeit wir leben und was wir tun müssen,
damit unsere Kinder sicher in Europa leben können" meint Sigmar Gabriel
Der andere Blick - Ein Jahr russische Invasion und die Folgen für die Weltpolitik
Der neue Weltkrieg (NZZ)
Der Ukraine-Krieg ist mehr als ein regionaler Konflikt. Er hat eine globale Dimension. China baut seinen Einfluss aus, die Schurkenstaaten Iran und Nordkorea liefern Munition und Waffen. Europa weiß keine Antwort auf die geopolitischen Herausforderungen. Von Eric Gujer, 24.02.2023
Der neue Weltkrieg (NZZ)
Der Ukraine-Krieg ist mehr als ein regionaler Konflikt. Er hat eine globale Dimension. China baut seinen Einfluss aus, die Schurkenstaaten Iran und Nordkorea liefern Munition und Waffen. Europa weiß keine Antwort auf die geopolitischen Herausforderungen. Von Eric Gujer, 24.02.2023
Napoleon und Hitler änderten den Lauf der Geschichte, als sie in Russland einfielen. Die Grande Armée musste sich arg dezimiert und halb erfroren zurückziehen. Am Ende kampierten die Kosaken in Paris. Die Wehrmacht siegte sich zu Tode, schließlich stand die Rote Armee in Berlin. Auch Putins Invasion in der Ukraine schreibt Weltgeschichte.
Für einmal ist Russland nicht Opfer eines Angriffs aus dem Westen, sondern selbst der Aggressor. Putin wird es nicht ergehen wie Hitler oder Napoleon, denn sein Krieg ist ein asymmetrischer. Die Ukraine kämpft um ihr Leben, Moskau droht militärisch im schlimmsten Fall ein Gesichtsverlust. In einem konventionellen Landkrieg ist Russland nicht zu besiegen. Die Weiten des Landes haben noch jeden Eindringling verschluckt. Der Krieg wird deshalb so enden, wie er vor genau einem Jahr begonnen hat: mit einem Federstrich im Kreml. Niemand ist so verrückt, die Kämpfe auf Russland auszudehnen, um Putin zum Nachgeben zu zwingen. Drei Größenwahnsinnige sind genug.
Dennoch reichen die Folgen von Putins Hybris über die Ukraine hinaus. Der Krieg ist ein neuer Weltkrieg – auch wenn er nicht auf verschiedenen Kontinenten ausgetragen wird. Moskau wie die Nato haben ein Interesse daran, die Kämpfe regional zu begrenzen. Das Geraune über eine atomare Eskalation ist reine Hysterie. Aber es ist der erste große Krieg, der unter den Bedingungen der Globalisierung geführt wird. Gekämpft wird nicht allein um Land an Don und Dnipro, zur Disposition steht die globale Machtverteilung.
So kündigte Peking eine Friedensinitiative für die Ukraine an. Noch spricht alles dafür, dass es sich um einen Propaganda-Ballon handelt, doch die Geste zählt. China demonstriert seinen Anspruch, in Europa mitzubestimmen. Früher war es andersherum.
Moskau und Peking lassen sich keine Fesseln anlegen
Die Europäer sind es bis heute gewohnt, dass sie Peking belehren: zu Corona, zum Umgang mit den Uiguren und zu den Menschenrechten. Nun signalisieren die Chinesen, dass auch sie gute Ratschläge auf Lager haben. Und es bleibt nicht bei Ratschlägen. Washington warnt das Reich der Mitte davor, Russland Munition zu verkaufen. Mittelbar tut es dies bereits. Denn Nordkorea könnte keine Granaten an Moskau liefern, wenn China ein Veto einlegte. Dafür ist Pjongjang zu abhängig von seiner Schutzmacht.
Für Russland ist es bedeutsam, ob China die Sanktionen unterläuft, ob dessen Banken weiter Zahlungsverkehr mit Russland abwickeln, ob auf die Käufe russischen Erdöls eine chinesische Offensive für die Erschlißsung der sibirischen Gas-Lagerstätten folgt. Die Trümpfe sind plötzlich sehr ungleich verteilt. Die chinesischen Kommunisten sind allerdings zu klug, um ihren Triumph über Moskau laut herauszuposaunen.
Sinkt Russland zu einem Klientelstaat herab, entscheidet Peking indirekt über die Zukunft Europas mit. Obwohl der Westen Moskau zu isolieren versucht, wird man mit Russland nach Putin wieder über eine Friedensordnung reden müssen. Das Land ist zu groß, um es auf Dauer zu ignorieren. Das mag erst in zwanzig Jahren der Fall sein, aber Peking unternimmt viel, um dann in der ersten Reihe zu sitzen.
Als Folge des Krieges hat China mehr Einfluss auf die Geschicke Europas als umgekehrt. Da kann die deutsche Aussenministerin Baerbock noch so eloquent über die universale Geltung liberaler Werte dozieren. Geschickt nutzen die Chinesen den Konflikt, um ihre Version eines Normensystems durchzusetzen.
Putin kündigte an, den New-Start-Vertrag zur atomaren Abrüstung auslaufen zu lassen. Peking ist die aus der Zeit der amerikanisch-sowjetischen Dominanz stammende Rüstungskontrolle ohnehin suspekt. Beschleunigt durch den Überfall auf die Ukraine, erodiert die auf Regeln basierende Weltordnung. Die Diktaturen in Moskau und Peking arbeiten genau darauf hin: Sie wollen sich keine Fesseln anlegen lassen.
Washington hat begriffen, worum es geht
Nicht nur Nordkorea liefert Russland Waffen, auch Iran. Es ist kein Zufall, dass beide Staaten wegen des Bruchs des Atomwaffensperrvertrags mit Sanktionen belegt sind. Die von US-Präsident George W. Bush ausgerufene «Achse des Bösen» erhält jetzt neue Konturen. Ungeniert mischen die von Washington gebrandmarkten «Schurkenstaaten» in dem Konflikt mit. Sie wissen, welchen Wert Russland als Bollwerk einer antiwestlichen Allianz hat.
Die Geopolitik ist nach Europa zurückgekehrt, und der alte Kontinent ist schlecht darauf vorbereitet. Der Ukraine-Krieg leuchtet grell die Mängel in der Verteidigungsfähigkeit aller europäischen Staaten aus bis hin zur neutralen Schweiz. Die wenigsten verfügen über genügend Munition, um länger als eine Woche durchzuhalten.
Die Deutschen inszenieren ihre Unzulänglichkeiten gerne pompös: eine Wagner-Oper namens Zeitenwende mit Kanzler Scholz als verzagtem Siegfried. Im Grund geht es aber allen Europäern ähnlich. Sie haben ihre Streitkräfte derart ausgiebig mit Sparübungen traktiert, dass diese nur im Schlepptau der Amerikaner agieren können.
Militär ist nur das Mittel, aber was ist der Zweck? Europa kann Geopolitik nicht. So war es US-Aussenminister Blinken, der in die Türkei eilte, seinen Amtskollegen Cavusoglu umarmte und den Erdbebenopfern Hilfe versprach. Die Türkei ist der Angelpunkt zwischen Schwarzem Meer, Kaukasus und Nahem Osten. Blinken machte sogar Erdogan die Aufwartung und ließ sich in dessen Wahlkampf bereitwillig instrumentalisieren.
Washington hat die Bedeutung der Region schon lange erkannt. 2008 wollte es neben der Ukraine auch Georgien den Weg in die Nato ebnen. Paris und Berlin verhinderten dies. Sie sahen die unruhige Bruchzone nur als Problem, nie als Chance. Jetzt sollten Macron und Scholz nach Ankara reisen. In der Vergangenheit haben ihre Länder die Annäherung der Türkei an die EU stets torpediert. Ein Kurswechsel wäre ein Zeichen, dass Europa nicht im alten Trott weitermacht. Historische Zeiten verlangen historische Entscheidungen.
Das Signal würde in Georgien genauso verstanden wie in Aserbaidschan und Kasachstan, das sich gerade aus der Umarmung Moskaus befreit. Die russische Invasion sendet ihre Stoßwellen bis zum Kaspischen Meer und nach Zentralasien und damit quer über die gewaltige eurasische Landmasse. Hier findet wahrlich ein Weltkrieg statt.
Wie lange bleibt Europa eine amerikanische Kolonie?
Jetzt ist die Stunde gekommen, um grösser zu denken. Sonst versinkt die Zeitenwende im Klein-Klein der Gipfel-Routine und der Diskussionen um Panzer und Flugzeuge. Diese Fragen sind wichtig, aber sie sind nur Ausschnitt eines globalen Panoramas. Je länger der Krieg andauert, umso bedeutsamer wird das übergreifende Bild. Die Unterstützung der Ukraine bildet die Basis von allem, aber damit ist es nicht getan. Sonst bleibt die Politik der westlichen Selbstbehauptung Stückwerk.
Wieder geht ein großer Krieg von Europa aus, und wieder droht Europa zum Spielball fremder Mächte zu werden. Das letzte Mal erging es dem Kontinent so nach 1945. Westdeutschland war ohnehin amerikanisches Protektorat. In der Suezkrise machte Washington dann auch den angeblichen Siegermächten Frankreich und Grossbritannien klar, wie gross ihr Spielraum für selbständige Politik nach Abzug aller Folklore war: null.
Abermals fällt den USA die alleinige Führung zu. Berlin traut sich nicht einmal, Leopard-Panzer ohne amerikanisches Händchenhalten zu liefern. Wenn so die von Macron beschworene strategische Souveränität Europas aussieht, hat sich dieser endgültig als Schwadroneur entlarvt.
Damit sich die Geschichte nicht wiederholt, sollte Europa nach Souveränität streben – aber nicht gegen Amerika, sondern in Arbeitsteilung mit ihm. Washington wird sich wieder stärker dem Pazifik zuwenden, dem zweiten Schauplatz der geopolitischen Rivalität neben Eurasien. Um ein Vakuum zu verhindern, müssen die Europäer ihre Sicherheit selbst in die Hand nehmen und die Verteidigungsausgaben auf ein Niveau wie im Kalten Krieg steigern. Das heißt mehr Schulden oder Einsparungen an anderer Stelle, auf jeden Fall klare Prioritäten. Davor graust es allen, von der Großmacht bis zum Kleinstaat hinter den sieben Bergen.
Militär allein schafft keine Sicherheit. Damit Diplomatie aber glaubwürdig wird, benötigt sie eine machtpolitische Grundlage. Keine Soft Power ohne Hard Power. Funktionsfähige Streitkräfte sind der Tatbeweis, dass Staaten ihre Interessen auch mit anderen Mitteln als Verhandlungen und Sanktionen durchsetzen können. Daran fehlt es den Europäern, und deshalb sind ihre internationalen Auftritte so zahnlos. Erst wenn es sich Europa nicht länger als amerikanische Kolonie bequem macht, nimmt es den neuen Weltkrieg in seiner ganzen Dimension ernst.
Für einmal ist Russland nicht Opfer eines Angriffs aus dem Westen, sondern selbst der Aggressor. Putin wird es nicht ergehen wie Hitler oder Napoleon, denn sein Krieg ist ein asymmetrischer. Die Ukraine kämpft um ihr Leben, Moskau droht militärisch im schlimmsten Fall ein Gesichtsverlust. In einem konventionellen Landkrieg ist Russland nicht zu besiegen. Die Weiten des Landes haben noch jeden Eindringling verschluckt. Der Krieg wird deshalb so enden, wie er vor genau einem Jahr begonnen hat: mit einem Federstrich im Kreml. Niemand ist so verrückt, die Kämpfe auf Russland auszudehnen, um Putin zum Nachgeben zu zwingen. Drei Größenwahnsinnige sind genug.
Dennoch reichen die Folgen von Putins Hybris über die Ukraine hinaus. Der Krieg ist ein neuer Weltkrieg – auch wenn er nicht auf verschiedenen Kontinenten ausgetragen wird. Moskau wie die Nato haben ein Interesse daran, die Kämpfe regional zu begrenzen. Das Geraune über eine atomare Eskalation ist reine Hysterie. Aber es ist der erste große Krieg, der unter den Bedingungen der Globalisierung geführt wird. Gekämpft wird nicht allein um Land an Don und Dnipro, zur Disposition steht die globale Machtverteilung.
So kündigte Peking eine Friedensinitiative für die Ukraine an. Noch spricht alles dafür, dass es sich um einen Propaganda-Ballon handelt, doch die Geste zählt. China demonstriert seinen Anspruch, in Europa mitzubestimmen. Früher war es andersherum.
Moskau und Peking lassen sich keine Fesseln anlegen
Die Europäer sind es bis heute gewohnt, dass sie Peking belehren: zu Corona, zum Umgang mit den Uiguren und zu den Menschenrechten. Nun signalisieren die Chinesen, dass auch sie gute Ratschläge auf Lager haben. Und es bleibt nicht bei Ratschlägen. Washington warnt das Reich der Mitte davor, Russland Munition zu verkaufen. Mittelbar tut es dies bereits. Denn Nordkorea könnte keine Granaten an Moskau liefern, wenn China ein Veto einlegte. Dafür ist Pjongjang zu abhängig von seiner Schutzmacht.
Für Russland ist es bedeutsam, ob China die Sanktionen unterläuft, ob dessen Banken weiter Zahlungsverkehr mit Russland abwickeln, ob auf die Käufe russischen Erdöls eine chinesische Offensive für die Erschlißsung der sibirischen Gas-Lagerstätten folgt. Die Trümpfe sind plötzlich sehr ungleich verteilt. Die chinesischen Kommunisten sind allerdings zu klug, um ihren Triumph über Moskau laut herauszuposaunen.
Sinkt Russland zu einem Klientelstaat herab, entscheidet Peking indirekt über die Zukunft Europas mit. Obwohl der Westen Moskau zu isolieren versucht, wird man mit Russland nach Putin wieder über eine Friedensordnung reden müssen. Das Land ist zu groß, um es auf Dauer zu ignorieren. Das mag erst in zwanzig Jahren der Fall sein, aber Peking unternimmt viel, um dann in der ersten Reihe zu sitzen.
Als Folge des Krieges hat China mehr Einfluss auf die Geschicke Europas als umgekehrt. Da kann die deutsche Aussenministerin Baerbock noch so eloquent über die universale Geltung liberaler Werte dozieren. Geschickt nutzen die Chinesen den Konflikt, um ihre Version eines Normensystems durchzusetzen.
Putin kündigte an, den New-Start-Vertrag zur atomaren Abrüstung auslaufen zu lassen. Peking ist die aus der Zeit der amerikanisch-sowjetischen Dominanz stammende Rüstungskontrolle ohnehin suspekt. Beschleunigt durch den Überfall auf die Ukraine, erodiert die auf Regeln basierende Weltordnung. Die Diktaturen in Moskau und Peking arbeiten genau darauf hin: Sie wollen sich keine Fesseln anlegen lassen.
Washington hat begriffen, worum es geht
Nicht nur Nordkorea liefert Russland Waffen, auch Iran. Es ist kein Zufall, dass beide Staaten wegen des Bruchs des Atomwaffensperrvertrags mit Sanktionen belegt sind. Die von US-Präsident George W. Bush ausgerufene «Achse des Bösen» erhält jetzt neue Konturen. Ungeniert mischen die von Washington gebrandmarkten «Schurkenstaaten» in dem Konflikt mit. Sie wissen, welchen Wert Russland als Bollwerk einer antiwestlichen Allianz hat.
Die Geopolitik ist nach Europa zurückgekehrt, und der alte Kontinent ist schlecht darauf vorbereitet. Der Ukraine-Krieg leuchtet grell die Mängel in der Verteidigungsfähigkeit aller europäischen Staaten aus bis hin zur neutralen Schweiz. Die wenigsten verfügen über genügend Munition, um länger als eine Woche durchzuhalten.
Die Deutschen inszenieren ihre Unzulänglichkeiten gerne pompös: eine Wagner-Oper namens Zeitenwende mit Kanzler Scholz als verzagtem Siegfried. Im Grund geht es aber allen Europäern ähnlich. Sie haben ihre Streitkräfte derart ausgiebig mit Sparübungen traktiert, dass diese nur im Schlepptau der Amerikaner agieren können.
Militär ist nur das Mittel, aber was ist der Zweck? Europa kann Geopolitik nicht. So war es US-Aussenminister Blinken, der in die Türkei eilte, seinen Amtskollegen Cavusoglu umarmte und den Erdbebenopfern Hilfe versprach. Die Türkei ist der Angelpunkt zwischen Schwarzem Meer, Kaukasus und Nahem Osten. Blinken machte sogar Erdogan die Aufwartung und ließ sich in dessen Wahlkampf bereitwillig instrumentalisieren.
Washington hat die Bedeutung der Region schon lange erkannt. 2008 wollte es neben der Ukraine auch Georgien den Weg in die Nato ebnen. Paris und Berlin verhinderten dies. Sie sahen die unruhige Bruchzone nur als Problem, nie als Chance. Jetzt sollten Macron und Scholz nach Ankara reisen. In der Vergangenheit haben ihre Länder die Annäherung der Türkei an die EU stets torpediert. Ein Kurswechsel wäre ein Zeichen, dass Europa nicht im alten Trott weitermacht. Historische Zeiten verlangen historische Entscheidungen.
Das Signal würde in Georgien genauso verstanden wie in Aserbaidschan und Kasachstan, das sich gerade aus der Umarmung Moskaus befreit. Die russische Invasion sendet ihre Stoßwellen bis zum Kaspischen Meer und nach Zentralasien und damit quer über die gewaltige eurasische Landmasse. Hier findet wahrlich ein Weltkrieg statt.
Wie lange bleibt Europa eine amerikanische Kolonie?
Jetzt ist die Stunde gekommen, um grösser zu denken. Sonst versinkt die Zeitenwende im Klein-Klein der Gipfel-Routine und der Diskussionen um Panzer und Flugzeuge. Diese Fragen sind wichtig, aber sie sind nur Ausschnitt eines globalen Panoramas. Je länger der Krieg andauert, umso bedeutsamer wird das übergreifende Bild. Die Unterstützung der Ukraine bildet die Basis von allem, aber damit ist es nicht getan. Sonst bleibt die Politik der westlichen Selbstbehauptung Stückwerk.
Wieder geht ein großer Krieg von Europa aus, und wieder droht Europa zum Spielball fremder Mächte zu werden. Das letzte Mal erging es dem Kontinent so nach 1945. Westdeutschland war ohnehin amerikanisches Protektorat. In der Suezkrise machte Washington dann auch den angeblichen Siegermächten Frankreich und Grossbritannien klar, wie gross ihr Spielraum für selbständige Politik nach Abzug aller Folklore war: null.
Abermals fällt den USA die alleinige Führung zu. Berlin traut sich nicht einmal, Leopard-Panzer ohne amerikanisches Händchenhalten zu liefern. Wenn so die von Macron beschworene strategische Souveränität Europas aussieht, hat sich dieser endgültig als Schwadroneur entlarvt.
Damit sich die Geschichte nicht wiederholt, sollte Europa nach Souveränität streben – aber nicht gegen Amerika, sondern in Arbeitsteilung mit ihm. Washington wird sich wieder stärker dem Pazifik zuwenden, dem zweiten Schauplatz der geopolitischen Rivalität neben Eurasien. Um ein Vakuum zu verhindern, müssen die Europäer ihre Sicherheit selbst in die Hand nehmen und die Verteidigungsausgaben auf ein Niveau wie im Kalten Krieg steigern. Das heißt mehr Schulden oder Einsparungen an anderer Stelle, auf jeden Fall klare Prioritäten. Davor graust es allen, von der Großmacht bis zum Kleinstaat hinter den sieben Bergen.
Militär allein schafft keine Sicherheit. Damit Diplomatie aber glaubwürdig wird, benötigt sie eine machtpolitische Grundlage. Keine Soft Power ohne Hard Power. Funktionsfähige Streitkräfte sind der Tatbeweis, dass Staaten ihre Interessen auch mit anderen Mitteln als Verhandlungen und Sanktionen durchsetzen können. Daran fehlt es den Europäern, und deshalb sind ihre internationalen Auftritte so zahnlos. Erst wenn es sich Europa nicht länger als amerikanische Kolonie bequem macht, nimmt es den neuen Weltkrieg in seiner ganzen Dimension ernst.
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