14 Oktober 2022

Business Class Edition: Neubau Kanzleramt: Aktion Größenwahn

Business Class Edition: 
Neubau Kanzleramt: Aktion Größenwahn
Guten Morgen,
wenn Donald Trump oder schlimmer noch Wladimir Putin geplant hätten, das Weiße Haus beziehungsweise den Kreml in seiner Bürofläche zu verdoppeln und neben das bisherige Regierungsgebäude ein zweites in gleicher Größe zu stellen, die TV-Anstalten würden weltweit rotieren; erst „Breaking News“, anschließend Sondersendung.
Die Überschrift bei ARD und ZDF würde mutmaßlich lauten: Aktion Größenwahn. Der Tenor: Wir haben es euch immer gesagt. Typisch, diese Populisten und Autokraten!
Wenn Olaf Scholz und sein Vizekanzler Robert Habeck für 777 Millionen Euro die Verdopplung des Bundeskanzleramtes in Angriff nehmen und dafür die bislang aus der Steuerkasse gepflegten Bäume und Grünflächen zerstören, beseitigen und danach die Flächen versiegeln lassen, kräht im deutschen staatsnahen TV kein Hahn danach.

Womöglich denken die Verantwortlichen der Sender an ihre eigenen pompösen Baupläne. Der eine Bauherr hackt dem anderen kein Auge aus.

Hier sind die wichtigsten Fakten, die man zum geplanten Aus- beziehungsweise Neubau des Bundeskanzleramts wissen sollte:

  • Schon jetzt ist die deutsche Regierungszentrale rund achtmal größer als das Weiße Haus, zehnmal größer als Downing Street No. 10 und dreimal größer als der Élysée-Palast in Paris.

  • Die bisherige Bürofläche von 25.347 Quadratmetern wird mit dem Erweiterungsbau auf 50.000 Quadratmeter verdoppelt.

  • Die Baukosten haben sich von ursprünglich 456,8 Millionen Euro auf nunmehr 777 Millionen Euro gesteigert – um gut 60 Prozent also gegenüber dem Beginn der Planung.

  • Das liegt nicht nur an der Inflation, sondern auch daran, dass der ursprünglich geplante Zweckbau den Politikern nun nicht mehr adäquat scheint. Der Regierungssitz genieße „innerhalb der Bundesregierung eine Solitärstellung“, deshalb dürfe der „Neubau nicht unter das architektonisch-bautechnische Niveau des bestehenden Kanzleramtsgebäudes absinken“, teilte man dem Rechnungshof mit.
    Geplant ist unter anderem: ein bogenförmiger Neubau mit Platz für fast 400 Büros, darin neun über fünf Geschosse reichende Wintergärten. Baukosten je Quadratmeter Nutzfläche: 31.517,46 Euro. Vergleichbare öffentliche Bauten wie der Neubau des Innenministeriums (6.499 Euro), das Humboldtforum (15.265 Euro) und die Erweiterung des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses (11.443 Euro) kamen mit deutlich weniger aus.
    Allein für die Verglasungen, den Sonnenschutz der Wintergärten und Befahranlagen zur Glasreinigung werden über 14 Millionen Euro veranschlagt.

  •  Die Bauunterlagen sehen weitere Deluxe-Features vor: Eine Kita für 12 bis 15 Kinder, die Kosten der Einrichtung belaufen sich auf 2,8 Millionen Euro. Dies entspreche dem dreifachen eines normalen Kindergartenplatzes, sagt der Rechnungshof.

  • Geplant ist eine (zusätzliche) Kanzlerwohnung mit 250 Quadratmetern. Allein die „rechnerischen Ausstattungskosten“ der Gemächer mit Sofas, Schrankwand und Lampen liegen bei 225.000 Euro, schätzt der Rechnungshof.

  •  Notwendig scheint den Bauherren ein neuer Hubschrauberlandeplatz – auf einem 23 Meter hohen Turm – für zehn Millionen Euro

Den Neubau – der bereits unter Angela Merkel mit der Zustimmung der damaligen Großen Koalition beschlossen und vom damaligen Kanzleramtsminister präsentiert wurde – rechtfertigt die Regierung mit dem Argument, dass das Kanzleramt zu klein geworden sei und man die Beamten aktuell auf mehrere Standorte in der Hauptstadt verteilen müsste
Noch ist kein Spatenstich erfolgt. Doch langsam wird es ernst. Alles beginnt noch in diesem Jahr mit der Vernichtung der bisherigen Grünanlage. Die Vorbereitungen dafür laufen, am Mittwoch lief die Bewerbungsfrist für die notwendigen Gartenarbeiten im Park des Kanzleramts aus. The Pioneer hat Unterlagen und Skizzen dazu vorliegen.
Demnach sollen mehr als 200 große, teilweise mehr als 60 Jahre alte Bäume fallen, unter anderem Eichen, Linden, Robinien, Ahornbäume, Buchen und Pappeln.
Mit der Ausführung ist zu beginnen am: 28.12.2022“, heißt es in den Dokumenten für die Ausschreibung. Gefällt werden sollen die Bäume bis spätestens Ende März
Danach rollen die Bagger an und beginnen mit den Arbeiten am Fundament, damit die heutige Grünfläche versiegelt werden kann. Die Anweisung an die Bauarbeiter ist klipp und klar: Die „bestehende Parkarchitektur sowie der Zustand bestehender Vegetation müssen nicht geschont werden“. Fertig sein soll der Bau 2028.
Interessant ist auch, wie mit den Arbeitern auf der Baustelle umgegangen werden soll. Die Bundesregierung, die sich in der Öffentlichkeit gern ihrer migrantenfreundlichen Politik rühmt, weiß im eigenen Einflussbereich sehr genau zu unterscheiden zwischen guten und „unzuverlässigen“ Migranten. Wer aus dem falschen Land nach Deutschland gekommen ist, hat keine Chance auf Beschäftigung. In den Ausschreibungsbedingungen heißt es unter der Überschrift „Geheimschutzrechtliche Einstufung des Projektes“:
Bei der erforderlichen Sicherheitsüberprüfung sowie der Personenüberprüfung sind die notwendigen Abfragen zur überprüfenden Person mindestens über einen Zeitraum der letzten fünf Jahre erforderlich. Bei Staatsangehörigen eines Staates mit besonderen Sicherheitsrisiken (SmbS) können diese Überprüfungen nicht durchgeführt werden. In Folge dessen können diese Personen nicht im Projekt tätig werden.Das bedeutet: Nicht Persönlichkeit und Biografie, sondern allein das Herkunftsland entscheidet über die Beschäftigung oder das Beschäftigungsverbot des Arbeiters. Für Politiker, die sonst dafür werben, keine Stereotype zu verwenden, wirkt diese Haltung befremdlich.
Der Neubau mit seinen ökologischen und finanziellen Nebenwirkungen war schon vor Krieg, Energiepreis-Explosion und XXL-Inflation pompös.
Nun wirkt das Projekt obszön. Der Staat, der seine Bürger zum Maßhalten anhält und selbst mit seiner Schuldenaufnahme an die Grenze des Verkraftbaren geht, will im eigenen Herrschaftsbereich keine Abstriche machen. Es gibt keinen Sparwillen und daher auch kein Schuldbewusstsein.
Fazit: Die neue Lage wirft ein neues Licht auf dieses Bauvorhaben. Alle Parteien haben den Bürokratieabbau versprochen und bauen nun eine Trutzburg für Beamte der Güteklasse A.
Vielleicht nehmen die Verantwortlichen von ARD und ZDF ihren Mutvorrat zusammen, machen von der ihnen zugestandenen Staatsferne Gebrauch und gehen mit diesem symbolträchtigen Thema „Ihr da oben, wir da unten“ auf Sendung. Oder vereinfacht ausgedrückt: Frau Maischberger, übernehmen Sie.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen