Angesichts dieser Lage stellt sich die Frage: Was ist eigentlich aus den rund 1,2 Millionen Menschen geworden, die seit 2015 nach Deutschland kamen, vornehmlich aus Syrien? Ist unter ihnen keiner, der die Arbeit am Flughafen hätte machen können?
Sieben
Jahre nach Angela Merkels berühmt gewordenem Satz «Wir schaffen das»
arbeitet nicht einmal die Hälfte der hierzulande Angekommenen. Der
durchschnittlichen Arbeitslosenquote von 5,4 Prozent stand im Juli ein
Vergleichswert von 14,3 Prozent bei der ausländischen Bevölkerung
gegenüber. Von den Geflüchteten sind viele nie auf dem Arbeitsmarkt
angekommen. Und man kann nur konstatieren: Es besteht für sie auch keine
echte Notwendigkeit.
Alexander Throm, Innenpolitiker der Unionsfraktion im Bundestag, sieht viel Anlass zur Kritik. «Die Spuren der Migrationskrisen der letzten Jahre sind noch immer deutlich sichtbar», sagt er. «Fast 600 000 anerkannte Flüchtlinge leben von Hartz IV. Die Anzahl der Ausreisepflichtigen geht in die Hunderttausende.» Auch sei die Wahrscheinlichkeit, dass einer keinen Schulabschluss habe, bei Migranten acht Mal höher. Und in der Kriminalitätsstatistik seien Zuwanderer noch immer deutlich überrepräsentiert. All diese Probleme sollten nach seiner Meinung vorrangig gelöst werden, bevor «Ampel-Deutschland» jetzt «Tür und Tor für die nächste Migrationswelle» öffne.
Der deutsche Staat ist im Umgang mit Migranten zu nachlässig, zu großzügig und zu langsam: Dieser Eindruck drängt sich in der Tat auf. Wenn Menschen nicht schnell eine Beschäftigung finden, und sei es eine Hilfstätigkeit, sondern stattdessen unproduktiv in einer Unterkunft sitzen, dann macht sich zwangsläufig Lethargie breit. Und in der Zwischenzeit bemerken sie, dass die Sozialleistungen zum Leben reichen, dass man gar nicht arbeiten muss – besonders, wenn viele Kinder da sind.
Es gebe keinen Druck, das berichten auch Arbeitgeber. Zu oft würden anerkannte Flüchtlinge eine angefangene Ausbildung abbrechen oder einen Job nach kurzer Zeit wieder hinwerfen, weil sie mit den Anforderungen nicht zurechtkämen, etwa der Notwendigkeit zu regelmäßigem und pünktlichem Erscheinen. Ihnen könne nichts passieren. Wer mit einem Schutzstatus anerkannt ist, darf auch ohne Arbeit in Deutschland bleiben. Im kommenden Jahr werde die Zahl der Sozialleistungsempfänger weiter steigen, befürchten viele.
Zu Jahresbeginn führt die Regierung aus SPD, Grünen und FDP das neue Bürgergeld ein, es wird das alte Hartz IV ablösen. Ein Rechner, der die Ansprüche an den Staat ermittelt, ist im Internet leicht zu finden. So kann ein Paar mit zwei Kindern zwischen 6 und 13 Jahren, 800 Euro Miete und 200 Euro Heizkosten gegenwärtig 2452 Euro und ab Januar 2598 Euro erwarten. Um Miete und Heizung müssen sich Sozialleistungsempfänger nicht sorgen, anders als die arbeitende Bevölkerung.
Der
CDU-Vorsitzende und Unionsfraktionschef Friedrich Merz machte kürzlich
eine ähnliche Rechnung in einer Wahlkampfrede in Niedersachsen; in dem
Bundesland wird an diesem Sonntag ein neuer Landtag gewählt. Er erntete
viel Kritik und wurde als Populist beschimpft, nachdem ein
Videoschnipsel seiner Aussage im Netz aufgetaucht war. In der Sache hat
Merz aber recht: Arbeiten lohnt sich für viele einfach nicht.
Auch in der mitregierenden FDP sehen das viele kritisch. «Arbeit muss
sich immer lohnen», sagt etwa der Innenpolitiker Stephan Thomae. «Daher
kann es nicht sein, dass jemand, der eine staatliche Leistung bezieht,
am Ende mehr hat als jemand, der arbeiten geht.» Gerade bei gering
Qualifizierten sei es aber so, dass der Nettoverdienst manchmal kaum
oberhalb der staatlichen Leistungen liege.
Dazu kommt, dass es der Staat den anderen, den Arbeitswilligen oft schwermacht, etwa bei der Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse. Dabei braucht das Land dringend Fachkräfte. Im Mai meldete das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) 1,7 Millionen offene Stellen, ein neuer Rekordwert. Das IAB ist die Forschungseinrichtung der Bundesagentur für Arbeit.
Die
Ampelregierung plant angesichts des Personalmangels, die Einwanderung
nach Deutschland künftig auch für Geringqualifizierte zu erleichtern.
Das kündigte die sozialdemokratische Innenministerin Nancy Faeser
kürzlich an. Der FDP-Politiker Thomae hält das für sinnvoll. Tatsächlich sind in Deutschland Arbeitsmigration und Asyl bis anhin streng getrennt,
und der Weg über das Asylverfahren wird von vielen genutzt, weil er
zunächst einfacher ist. Doch dann geht es für all jene, deren
Asylanträge abgelehnt werden, oft nicht weiter.
Im laufenden Jahr wurden nicht nur bereits annähernd so viele Menschen in Deutschland aufgenommen wie im Rekordjahr 2015, sondern es wird auch kaum jemand ausgeschafft. Rund 240 000 ausreisepflichtige Ausländer halten sich derzeit in Deutschland auf, von ihnen knapp 140 000 schon seit mehr als fünf Jahren.
Der SPD-Innenpolitiker Sebastian Hartmann ist nach eigenen Angaben dennoch mit der Zwischenbilanz zufrieden: «Die Integration in den Arbeitsmarkt läuft noch besser als erwartet», sagt er. «Die Beschäftigungsquote der Menschen aus den acht wichtigsten Asylherkunftsländern ist von Dezember 2015 bis Juli 2022 von 17 auf knapp 42 Prozent gestiegen.» Auch Hartmann sieht aber noch «Luft nach oben», insbesondere bei der Beschäftigung geflüchteter Frauen. Künftig soll es Integrationskurse für alle von Anfang an geben.
Fest steht: Die deutsche Großherzigkeit ist teuer. 2021 hat der Bund allein 21,6 Milliarden Euro für asylbedingte Kosten eingeplant, in diesem Jahr sollen es über 22 Milliarden werden. Darin sind Unterbringung, Sozialtransfers und die sogenannte Fluchtursachenbekämpfung in den Herkunftsländern enthalten. Nicht enthalten sind zahlreiche weitere Kosten, etwa für medizinische Behandlungen oder für die vielen Verwaltungsrichter, die in den vergangenen Jahren zusätzlich gebraucht wurden, um die Klagen gegen abgewiesene Asylanträge zu bearbeiten.
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