Ex-SPD-Chef Sigmar Gabriel wirft der SPD-Kandidatin für das Verfassungsgericht ein fehlendes Verständnis für die Würde des Amtes vor.
Der ehemalige Vizekanzler und SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel kommentiert die Ereignisse für The Pioneer wie folgt:
"Ich sehe die Diskussion um die für das höchste deutsche Gericht vorgeschlagene Juristin Brosius-Gersdorf mit wachsendem Unbehagen. Ja, es stimmt: Der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Jens Spahn
hat offenbar wenig Gespür für die Stimmung in seiner Fraktion, sonst
hätte er diesen Personalvorschlag der SPD bereits im
Richterwahlausschuss stoppen müssen.
Aber dass die Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht jetzt durch
Talkshows tingelt und sich in den politischen Meinungsstreit begibt,
scheint mir ein deutlicher Hinweis dafür zu sein, dass sie offenbar ihr
künftiges Amt völlig missversteht.
Das Verfassungsgericht
soll weder wie das Parlament die Meinungsvielfalt der Gesellschaft
abbilden noch sich in den politischen Meinungskampf begeben. Sondern es
soll hinter verschlossenen Türen darüber beraten, wie unsere Verfassung
angemessen ausgelegt und geschützt werden kann. Nicht als Teil des
politischen Meinungsstreits, sondern als letzte Instanz, deren
Entscheidungen den Rechtsfrieden herstellen.
Noch ist das
Bundesverfassungsgericht die in unserer Bevölkerung mit weitem Abstand
am meisten geachtete Institution unserer Demokratie. Wie CDU/CSU und SPD
sowie leider auch die Kandidatin selbst damit umgehen, ist dazu
geeignet, diesen Respekt vor dem Verfassungsgericht zu untergraben.
Derzeit erscheint die Wahl vielen Beobachtern als ein für die Politik
leider typisches Geschacher um Posten zu sein.
Wenn jetzt die SPD auch noch den Bestand der eben erst gebildeten
Regierungskoalition an dieser Wahl infrage stellt, ist der
Kladderadatsch vorprogrammiert. Koalitionen bestehen dann erfolgreich
ihre Herausforderungen, wenn jeder Partner sich immer wieder die Mühe
macht, sich in die Schuhe des anderen zu stellen, um dadurch den Raum
für Kompromisse auszumessen.
Wer sich diese Mühe nicht macht,
ist entweder denkfaul oder will die Koalition in Wahrheit gar nicht.
Beides ist in der fragilen Lage unserer Demokratie unverantwortlich und
hilft nur den Feinden unserer Verfassung."
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