16 Juli 2025

The Pioneer - Sigmar Gabriel zur Kausa Brosius-Gersdorf

Sigmar Gabriel zur Kausa Brosius-Gersdorf
Ex-SPD-Chef Sigmar Gabriel wirft der SPD-Kandidatin für das Verfassungsgericht ein fehlendes Verständnis für die Würde des Amtes vor.
Der ehemalige Vizekanzler und SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel kommentiert die Ereignisse für The Pioneer wie folgt:
"Ich sehe die Diskussion um die für das höchste deutsche Gericht vorgeschlagene Juristin Brosius-Gersdorf mit wachsendem Unbehagen. Ja, es stimmt: Der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Jens Spahn hat offenbar wenig Gespür für die Stimmung in seiner Fraktion, sonst hätte er diesen Personalvorschlag der SPD bereits im Richterwahlausschuss stoppen müssen.
Aber dass die Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht jetzt durch Talkshows tingelt und sich in den politischen Meinungsstreit begibt, scheint mir ein deutlicher Hinweis dafür zu sein, dass sie offenbar ihr künftiges Amt völlig missversteht.
Das Verfassungsgericht soll weder wie das Parlament die Meinungsvielfalt der Gesellschaft abbilden noch sich in den politischen Meinungskampf begeben. Sondern es soll hinter verschlossenen Türen darüber beraten, wie unsere Verfassung angemessen ausgelegt und geschützt werden kann. Nicht als Teil des politischen Meinungsstreits, sondern als letzte Instanz, deren Entscheidungen den Rechtsfrieden herstellen.
Noch ist das Bundesverfassungsgericht die in unserer Bevölkerung mit weitem Abstand am meisten geachtete Institution unserer Demokratie. Wie CDU/CSU und SPD sowie leider auch die Kandidatin selbst damit umgehen, ist dazu geeignet, diesen Respekt vor dem Verfassungsgericht zu untergraben. Derzeit erscheint die Wahl vielen Beobachtern als ein für die Politik leider typisches Geschacher um Posten zu sein.
Wenn jetzt die SPD auch noch den Bestand der eben erst gebildeten Regierungskoalition an dieser Wahl infrage stellt, ist der Kladderadatsch vorprogrammiert. Koalitionen bestehen dann erfolgreich ihre Herausforderungen, wenn jeder Partner sich immer wieder die Mühe macht, sich in die Schuhe des anderen zu stellen, um dadurch den Raum für Kompromisse auszumessen.
Wer sich diese Mühe nicht macht, ist entweder denkfaul oder will die Koalition in Wahrheit gar nicht. Beides ist in der fragilen Lage unserer Demokratie unverantwortlich und hilft nur den Feinden unserer Verfassung."

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