"Frau Prof. Dr. Frauke Brosius-Gersdorf ist eine herausragende Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht mit einwandfreiem Werdegang und bester Qualifikation. Die SPD-Fraktion steht hinter ihr".
Die Tatsache, dass er eben erst seine Co-Vorsitzende Saskia Esken kühl abserviert hat, zwingt ihn jetzt zum Stillhalten. Er ist ein Feminist wider Willen. Er darf alles tun, nur nicht in den Verdacht geraten, erneut eine aussichtsreiche Frauenkarriere zu beenden. Fällt sie, wackelt er.
Zutat #3: Die SPD hat ein Identitätsthema gesucht und gefunden
Nach dem Machtverlust und dem schlechtesten Ergebnis ihrer Geschichte bei der Bundestagswahl am 23. Februar war der Markenkern erodiert. Bei den Genossen und Genossinnen ging es nicht mehr um Frieden, Respektlohn und Umverteilung, sondern um Postenpoker zwecks Machterhalt.
Da kommt
das Identitätsthema Feminismus den Sozis gerade gelegen. Das Thema
strahlt weit über die eigenen Reihen hinaus und reicht bis tief in die
Frauenrechtsbewegung hinein. Es reicht vom Selbstbestimmungsrecht der
Frau („Mein Bauch gehört mir“) bis zur Gleichberechtigung im Beruf.
Frauke Brosius-Gersdorf wäre überhaupt erst die 23. Verfassungsrichterin
(im Vergleich zu 97 männlichen Richtern), was ihrer Zurückweisung auch
eine emanzipatorische Note gibt.
Zutat #4: Mehrheitsmeinung in der Bevölkerung
Die SPD weiß bei dem Thema Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen die Mehrheit der Bevölkerung hinter sich. Wie Forsa
erhoben hat, würden 74 Prozent der Befragten Abbrüche innerhalb der
ersten zwölf Schwangerschaftswochen ohne Einschränkungen erlauben.
Selbst innerhalb der Union und unter den Katholiken sind jeweils 62
Prozent dafür.
Die Sozialdemokraten wissen Volkes Stimme im Rücken, während die Union einen Zweifronten-Meinungskampf führen muss. In den eigenen Reihen und in der Gesellschaft.
Zutat #5: Der handwerkliche Fehler liegt bei der CDU
Die SPD kann sich jederzeit darauf berufen – und tut es auch –, dass der Fehler nicht bei ihr lag. Die Sozialdemokratie hat fair gespielt und mit der Union eine Einigung erzielt. Diese wurde im Wahlausschuss vier Tage vor dem Wahldebakel im Bundestag per Drucksache bestätigt.
Durch den Aufstand in der Unionsfraktion wurde diese Verabredung zwar in Zweifel gestellt, aber nicht aufgekündigt.
Pacta sunt servanda: Die SPD braucht nichts mehr durchsetzen, da sie sich ja bereits durchgesetzt hat. Der Rückzug, den die CDU sich nun erhofft, kann und wird auf der Grundlage der Freiwilligkeit nicht erfolgen. Die CDU als konservative Partei, die sich gern auf Recht und Ordnung beruft, hält daher den schwarzen Peter in der Hand.
Fazit: Die SPD hat unverhofft einen propagandistischen und machtpolitischen Erfolg zu verzeichnen, der Friedrich Merz und Jens Spahn wie Schulbuben aussehen lässt. Die Spitze der CDU lernt, was der britische Premier Harold Macmillan (1957–1963) einst als Schlussfolgerung seiner Regierungszeit so formuliert hat: Nicht Abmachungen, sondern Ereignisse prägen die Politik: „Events, dear boy, events.“
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