So
machte vor ein paar Jahren eine Grafik die Runde, die den Rückgang der
klimabedingt Verstorbenen in den letzten hundert Jahren zeigen sollte.
Und die Kurve war steil abfallend. Das rief den „Faktenfinder“ der Tagesschau auf den Plan, der sich ebenfalls schon während der Corona-Pandemie in besonderer Weise hervorgetan hat. „Irreführende Grafik verharmlost Klimawandel“ heißt das in mancherlei Hinsicht lesenswerte Stück,
das noch heute im Internet zu finden ist. Dort wird wortreich und unter
Verwendung aller gängigen Buzzwords aus der Corona-Zeit erklärt, worin
die Schwächen dieser Darstellung liegen. Und manches davon ist
nachvollziehbar. Entscheidend ist aber, dass die Tatsache, dass die
Anzahl der klimabedingten Toten rückläufig war, überhaupt nicht in
Abrede gestellt wird. Aber genau diesen Eindruck erweckt die
Überschrift, die suggeriert: Eine Grafik mit rückläufigen Zahlen kann
nur „irreführend“ sein.
Und da die Gegenwart nun mal die Warnungen, die auch im „Faktenfinder“
zuhauf zu finden sind, nicht wirklich untermauert, muss der Verweis auf
die Zukunft her. Dass in Zukunft die Opferzahlen steigen, sei in der
Fachwelt „praktisch unumstritten“, zitiert man einen Vertreter von
„Klimafakten“. Und um diese „quasi unumstrittene“ These zu untermauern,
braucht es die Modelle oder einfach nur blanke Schätzungen, denn
Glaskugeln für die Zukunft haben wir nicht. Und diese Prognosen sind –
Sie ahnen es – allesamt düster bis apokalyptisch.
Die Grünen wollen ein Recht auf Hitzefrei
Bei so viel kollektivem Weltschmerz fühlen sich natürlich die Vertreter von Bündnis 90/Die Grünen berufen, mit gut gemeinten Vorschlägen ihrer selbst gewählten Erlöserrolle von dem Übel der Welt gerecht zu werden. Herausgekommen ist ein Papier, das sich in Teilen wirklich zur Satire eignen würde. In dem am Dienstag veröffentlichten Plan der Bundestagsfraktion der Grünen sollen etwa alle Kommunen verpflichtet werden, „Hitzeaktionspläne“ aufzustellen. Selbst grüne Kommunalpolitiker dürften da aufatmen, dass die eigene Partei derzeit nicht an den Schalthebeln der Macht sitzt. Die Habeck’sche Wärmeplanung läuft schließlich vielerorts noch, und die aus der Verfassung selbst kommende Garantie der kommunalen Selbstverwaltung bedeutet nicht, dass unsere Gemeinden nur noch mit dem Vollzug einer in Berlin beschlossenen Agenda beschäftigt sind. Noch zwei oder drei solcher grünen Ideen zu verpflichtenden Planungen in den Kommunen – und der größte Idealist verliert irgendwann den Glauben an die Gestaltungschancen in seiner Gemeinde und wird sich kommunalpolitisches Engagement zukünftig viermal überlegen.
Auch sollen laut dem Plan die Arbeitgeber
verpflichtet werden, ab 26 Grad am Arbeitsplatz umfangreiche
Hitzeschutzmaßnahmen bereitzustellen. Leisten sie das nicht, sollen die
Arbeitnehmer wiederum ein Recht auf Hitzefrei haben. Ein dramatischer
Schritt, der viele Sonnenlicht gewöhnte Berufsgruppen, vom
Straßenarbeiter bis zum Landwirt, nur müde lächeln lässt.
6 Grad war übrigens genau die Temperatur, bei der unter Robert Habeck
die Liegenschaften des Wirtschaftsministeriums zum Energiesparen nicht
weiter runtergekühlt werden durften. Im Bundestag waren es mit
Zustimmung der Grünen 27 Grad. Der Unterschied zwischen zumutbar und
unzumutbar ist bei Bündnis 90/Die Grünen keine Frage des tatsächlichen
Wetters, sondern allein der politischen Wetterlage.
Ob das nun Opportunismus oder Dilettantismus ist, ist mir im Prinzip egal. Denn gefährlich ist die Gemengelage aus Panikmaschinerie und Regulierungseifer allemal. Das hat uns Corona bewiesen, und vielleicht verweigern sich die Grünen deswegen so emsig einer umfassenderen Corona-Aufklärung, weil sie die Mechanismen der Angst zum Markenkern ihres Politikstils erhoben haben. Ein Tiefpunkt war im letzten Wahlkampf, als man mit frischen Flutbildern in einem Video mit apokalyptischer Stimmung auf Stimmenfang ging.
Hitze im Sommer kann man auch einfach als schönes Wetter empfinden
Dabei könnten sich alle ein Beispiel an der Online-Redaktion des ARD-Brennpunkts nehmen. Ausgerechnet auf der Homepage des Sondersendungsformats ist das Hitze-Spezial nämlich mit einem Kind bebildert, das mit fröhlich ausgestrecktem Arm durch eine Brunnenanlage in München springt. Und so wird uns mit viel subversivem Geschick in Erinnerung gerufen, wie man Hitze im Sommer auch empfinden kann: nicht nur als tod- und verderbenbringende Gefahr, sondern – wie Christian Dürr es sagte – als schönes Wetter.
Lassen wir den Panikmodus einfach
hinter uns. Übrigens auch im Interesse der psychischen Gesundheit,
insbesondere von jungen Menschen.
Wenn zwei heiße Tage reichen, um das halbe Land in kollektive Untergangsstimmung zu versetzen, gnade uns Gott bei den massig vor uns liegenden wirklichen Problemen, zu denen auch die Anpassung an sich verändernde klimatische Gegebenheiten gehört.
Und auch das muss in diesem Kontext noch gesagt werden: Wer erzählt, mit nationalem Klimaschutz die Temperaturen in 50 Jahren in Deutschland beeinflussen zu können, lügt oder hat keine Ahnung. Klimaschutz kann nur multilateral funktionieren. Die Erzählung vom guten Deutschland, das „mit gutem Beispiel vorangeht“ und die anderen werden schon folgen, ist extrem kindisch. Auch steckt dahinter ein doch eher befremdlicher deutscher Heldenmythos. Jedenfalls bringt es nichts, unsere Volkswirtschaft als Opfer darzubringen, um andere zum besseren Klimaschutz anzuhalten. Zumal es nicht wenige Länder gibt, die auch ohne Klimawandel schon Temperaturen in der Größenordnung der letzten Woche hatten. Und die Züge fuhren dort trotzdem, die Menschen konnten zur Arbeit, und die Kinder wurden ordentlich beschult. In mindestens 150 Ländern dieser Erde ist die durchschnittliche Temperatur höher als in Deutschland. Es ist also „heißer“.
Arbeiten wir doch gemeinsam an einem Land, das auch bei
30 Grad plus schlicht noch funktioniert und denken beim nächsten heißen
Tag lieber an fröhlich am Brunnen spielende Kinder als an Backofen und
Gluthitze.
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