Grundsätzlich leisten NGOs
wertvolle Arbeit, sie kämpfen für saubere Meere und bedrohte Tiere,
kontrollieren Politik und Wirtschaft, informieren über Missstände. Aber
wenn Aktivisten eine heimliche Allianz mit Brüsseler Beamten schmieden,
wird es heikel. Dann kann die EU-Kommission plötzlich mit verdeckten
Helfern ihre Ziele durchsetzen.
„Die Abkürzung NGO darf kein Freibrief für eine willkürliche und unkontrollierte Verwendung von Steuergeldern sein“, sagt die einflussreiche CSU-Europaabgeordnete Monika Hohlmeier WELT. Sie hatte früh auf Unregelmäßigkeiten hingewiesen und eine Debatte angestoßen. „Derzeit ist die Transparenz bei der Verausgabung der Mittel sowie bei den finanziellen Quellen von einigen NGOs nicht adäquat gewährleistet“, so Hohlmeier.
ClientEarth etwa verpflichtete sich in dem Vertrag mit der Kommission, gegen „bestimmte Kohlekraftwerke“ vorzugehen. Man werde behördliche Genehmigungen zum Ausstoß von Emissionen und zur Nutzung von Wasser anfechten. Ziel sei es, das „finanzielle und rechtliche Risiko für Eigentum und Betrieb der Kraftwerke“ zu erhöhen. Kohle ist schädlich, die Verbrennung beschleunigt die Erderwärmung. Dennoch wirkt es fragwürdig, wenn eine EU-Behörde und eine NGO hinter dem Rücken der deutschen Regierung Aktionen gegen fossile Energie planen.
Ähnlich war es bei einem Zoll-Abkommen Mercosur.
Bundeskanzler Friedrich Merz und die Generaldirektion Handel der
Kommission treiben es voran. Der Deal, glauben sie, werde der
europäischen Wirtschaft helfen. Aber die Generaldirektion Umwelt hatte
andere Pläne. Im Jahr 2022 heuerte sie die NGO Friends of the Earth an,
um Mercosur zu torpedieren. Als „mittelfristiges Ergebnis“ legte der
Vertrag fest: „Das Mercosur-Abkommen wird in seiner derzeitigen Form
gestoppt.“ Die NGO sollte auf die „schädlichen Folgen für Menschenrechte
und Umwelt“ hinweisen. Und zwar bei mindestens „drei Treffen mit
EU-Abgeordneten“ und „zwei Treffen mit Vertretern der Kommission“, auch
aus der „DG Trade“, der Abteilung für Handel. Europäische Beamte wollten
mithilfe einer NGO und unter Nutzung von Steuergeldern also ihre
Kollegen beeinflussen. Friends of the Earth erhielt 700.000 Euro.
Mit einer unabhängigen Förderung des Klimaschutzes hat all das wenig zu tun. Der CDU-Politiker Markus Pieper prangerte in einem Bericht für das EU-Parlament schon 2017 „intransparente Netzwerke“ an und forderte die Kommission auf, nicht länger NGOs zu unterstützen, die „strategische Handels- und Sicherheitsziele“ der EU missachten. Er sah sich daraufhin jahrelang wüsten Attacken von Aktivisten ausgesetzt.
Schon zu jener Zeit hätten Verträge mit NGOs vorgelegen, „deren Inhalt auch die gezielte Einflussnahme auf Abgeordnete und Ministerien war“, sagt Pieper WELT AM SONNTAG. Damit sei gegen die Gewaltenteilung verstoßen worden. Denn die europäische Exekutive habe Einfluss auf die Legislative genommen, also auf die Gesetzgebung.
Viele NGOs erhielten genau
dafür Geld. Der Verband Bankwatch bekam 422.000 Euro, das European
Environmental Bureau (EEB) und die Health and Environment Alliance
(HEAL) je 700.000 Euro. Was dafür zu leisten war, gab die Kommission
stets genau vor. HEAL etwa sollte gegen Glyphosat und PFAS kämpfen, das
sind langlebige künstliche Substanzen, manche von ihnen giftig. Als
Arbeitsnachweis wurden 50 bis 80 Tweets und Treffen mit vier bis sechs
EU-Abgeordneten vor Abstimmungen über Chemie-Vorschriften erwartet.
Politiker der Grünen verteidigen all das. „Während Unternehmen aus der Tech-Branche oder der Industrie Millionenbeträge für die politische Interessenvertretung aufwenden können, geben die Budgets von NGOs eine derartige Präsenz häufig nicht her“, sagt der EU-Abgeordnete Daniel Freund. Es sei deshalb „absolut richtig, dass die EU-Kommission gewisse Organisationen finanziell unterstützt“.
Die Behörde von Ursula von der Leyen möchte sich zu dem Thema nicht äußern, lässt Fragen dazu unbeantwortet. Wird sie NGOs künftig strenger kontrollieren? Womöglich. Sicher ist: Es soll weiterhin viel Geld an sie fließen.
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