Von Ulf Poschadt, 27.07.2023
Deutschland schmiert ab. Und zwar auf breiter Front, ökonomisch, politisch (mit dem dramatischen Anwachsen des rechten Randes) und gesellschaftlich mit einer polarisierten Gesellschaft, deren Teilmengen sich im Kulturkampf verlieren. Blickt man verantwortungs- und nicht gesinnungsethisch auf das Wirken der Grünen in der Regierung, sieht die Bilanz verheerend aus.
Deutschland zeigt in Sachen ökologischer Transformation, wie
man es nicht macht. Die Regierungsbeteiligung der Grünen wird
Anschauungsmaterial liefern für viele Wahlkämpfe in Europa, wo kleine,
linke Ökoparteien dabei sind, das Schicksal der Deutschen zu
wiederholen.
Ganz kurz die knappe Zusammenfassung der aktuellen Wasserstandsmeldungen: Der Ifo-Index sinkt zum dritten Mal in Folge, alle anderen G-7-Länder wachsen, Deutschland schrumpft, die Investoren ziehen dreistellige Milliarden-Beträge aus der Bundesrepublik ab, die Produktivität sinkt, die Lohnstückkosten steigen, die Abgabenlast ist absurd hoch, die Steuern weiterhin leistungsfeindlich, die Regulierung und Bürokratie kafkaesk. Hinzu kommt ein Braindrain, der Sorgen bereitet und eine Migration, die wenig Anlass zur Hoffnung macht.
Kurzum, nicht gut. Nun könnte man einwenden: Wenn es dafür aber ökologisch gedeiht und blüht, ist das eben der Preis, den man für eine grüne Weste zahlen muss. Was aber beileibe nicht so ist. Durch den ideologisch begründeten Ausstieg aus der Atomkraft und dem Einsatz von Kohlekraftwerken wird die CO₂-Bilanz verhagelt.
Noch alarmierender aber ist, wie sehr die Grünen und ihr ideologischer Juniorpartner in der Sache, die SPD, gemeinsam mit den extremen (und weniger extremen) Aktivisten
und den aktivistischen Medien (fast alle großen außer WELT, NZZ und
Cicero) eine Reaktanz in der Bevölkerung provoziert haben, die deutlich
macht, dass es kaum noch Akzeptanz für mehr Klimapolitik gibt. Aktuelle
Umfragen belegen, dass man die einstige Zwei-Drittel-Zustimmung halbiert
hat.
Moderne Hightech-Lösungen wie Road-Pricing oder einfach einen adäquat funktionierenden öffentlichen Nah- und Fernverkehr gibt es nicht. Stattdessen werden Sperrholzmöbel in gesperrte Straßen gestellt, und die grotesk unpünktliche Bahn ist zum Gespött in Europa geworden. Statt ambitionierter Fernwärme-Projekte wird teurer Individual-Murks gemacht. Usw, usf, wtf.
Wäre die FDP nicht in der Regierung und hätte den gröbsten und radikalsten Unsinn verhindert (wie die Heizungssause des Graichen-Clans), es wäre wohl noch übler.
Olaf Scholz ist ein
hanseatischer Sozialdemokrat. Er weiß, wie Wirtschaft geht. Sein
Kanzleramtsminister auch. Sie haben ein Wirtschaftswunder versprochen.
Das Gegenteil ist eingetreten.
Sie haben über die Sommerferien Zeit, über einen Neuanfang nachzudenken. Sie müssen es tun. Die FDP muss in der Ampel ordnungspolitisch zur Raison rufen, die Subventionsverliebtheit des Wirtschaftsministeriums hat mit Marktregeln nichts zu tun. Robert Habeck ist intelligent genug, dies zu verstehen, auch wenn seine Idole wie Mariana Mazzucato einen vulgären Neoetatismus feiern.
Hinzu kommen die intellektuellen Sättigungsbeilagen der grünen Transformation: die Stichwortgeber-Professoren und Freunde des rot-rot-grünen Umbaus in der akademischen Welt, in den NGOs, Kirchen und Medien. Und ihr arrogant-höhnischer Ton den normalen Leuten gegenüber, der tiefe Löcher in die Seelenflora des Landes brennt.
Die
aktivistischen Beiträge im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Die falschen
Panik-Temperaturangaben, das Auslassen von Kontext bei Waldbränden
(Brandstiftung) und Überschwemmungen (falsche Straßenplanung etc.). All
das macht immer mehr Bürger misstrauisch. Sie glauben diesen Medien und
Predigern gar nichts mehr.
Während die Corona-Demonstrationen als Dunkeldeutschland abgetan wurden, bekommen kriminelle Klimaextremisten von der „Letzten Generation“ sechs Minuten PR-Zeit in den „Tagesthemen“. Und für TV-„Comedians“ sind alle, die nicht rot-rot-grün sind, sowieso Nazis.
Die
Welt blickt auf Deutschland. Und was sie sieht, lässt die meisten
erschauern. Wir sind dabei, wieder der kranke Mann Europas zu werden –
dieses Mal dank einer Ampel-Regierung, die jede ökonomische Ambition
vermissen lässt.
Als moralische Supermacht jedoch tourt die einnehmend sympathische Außenministerin durch die Welt, ohne aber einen Knüppel, geschweige denn einen großen, mit sich zu führen. Die Moral, die sie da verkörpert, können wir uns ökonomisch längst nicht mehr leisten. Wir machen den Mund auf, stehen aber eigentlich ziemlich nackt da.
Angela Merkel hat alles immer vom Ende her gedacht – wie sie gesagt hat. Sie wird in die Geschichte eingehen als die Kanzler:in mit der denkbar falschesten Selbstwahrnehmung.
Der letzte Reformer war Gerhard Schröder, der
nun verfemte, der wirtschafts- und sozialpolitisch Großes für das Land
geleistet hat, weil er das ökonomische Wohl des Landes über sein eigenes
und das seiner Partei gestellt hat. Seine Liebe zu Wladimir Putin hat
ihn leider blind und als Vorbild nur noch halbtauglich gemacht.
Wie grüne Transformation nicht geht, zeigt Deutschland. Wie es gehen könnte, zeigt Tübingen. Auch mit einem Politiker, der mutig seinen Weg geht. Die Grünen sollten Boris Palmer nicht nur wieder aufnehmen, sondern in die Spitze holen.
Aber das ist nicht vorstellbar, weil es der Partei eben immer um Gesinnung und seltener um Verantwortung geht. Zu viele Grüne (fast alle) sind weniger an Wirtschaftswachstum à la Ludwig Erhard und Friedrich August von Hayek als an Degrowth à la Ulrike Herrmann interessiert.
Der SPD laufen die Arbeiter in Scharen zur AfD weg. Wäre da nicht die FDP als Anker ökonomischer und gesellschaftlicher Restvernunft, die Ampel wäre jetzt schon am Ende.
Wir sind das schlechteste Vorbild für eine Ökotransformation – global. Auch ein schöner Weltmeistertitel.
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