Experte rechnet vor, warum Habecks Heiz-Wende ein Klima-Reinfall ist (Focus)
11.05.2023 von FOCUS-online-Redakteur Christian Böhm
11.05.2023 von FOCUS-online-Redakteur Christian Böhm
Habecks Heizwende kostet Hunderte Milliarden Euro. Aber bringt die
Umstellung auf Strom überhaupt etwas für das Klima? Der Ökonom Manuel
Frondel bezweifelt das. Und auch Zahlen aus dem Wirtschaftsministerium
belegen: Die Abkehr von Öl- und Gasheizungen drückt den CO2-Ausstoß
erstmal nur langsam.
Das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG), das als Habecks Heizhammer populär wurde, erhitzt weiterhin die Gemüter. Bürger sehen ihr Wohneigentum gefährdet, Verbände und Opposition wettern gegen das inzwischen 170 Seiten dicke Bürokratiemonster.Selbst innerhalb der Koalition streiten sie über Ausnahmen und Änderungen noch immer wie die Kesselflicker.
Der öffentliche Diskurs hat mittlerweile sogar dazu geführt, die Verwandtschaftsverhältnisse an der Spitze des für die Heizwende zuständigen Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und diverser grüner Vorfeld-Organisationen zu sezieren.
Es stellt sich daher die Frage, ob ein Gesetz, das bereits vor Inkrafttreten zu derartigen gesellschaftlichen Verwerfungen führt, wirklich so beschlossen werden sollte.
Habeck feiert sein Heiz-Gesetz als Meilenstein der Klimapolitik
Im Deutschlandfunk sprach Habeck am Wochenende von einem großen Gesetz, das über Jahrzehnte Wirkung entfalten werde und ein Meilenstein in der deutschen Klimapolitik sei. Das Gebäudeenergiegesetz in diesem Frühjahr auf den Weg gebracht zu haben, findet er richtig.
„Also, es heißt ja noch immer Heizungsverbot. Was is'n das für'n Quatsch? Niemand will Heizen verbieten, im Gegenteil“, machte der Grünen-Politiker seine Sicht der Dinge deutlich. Gesellschaftliche Nachfragen sind seiner Meinung nach berechtigt.
Habeck findet sogar, dass alle Fragen zum neuen Gesetz beantwortet werden müssen. Dazu zählen dann auch solche nach dem Nutzen.
Energieökonom Frondel hält neues GEG für unnötig
„Die Novellierung des GEG ist überhaupt nicht notwendig und durch nichts gerechtfertigt“, sagt Manuel Frondel zu FOCUS online. Frondel ist seit 2003 Leiter des Kompetenzbereiches „Umwelt und Ressourcen“ am RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung und seit 2009 zudem außerplanmäßiger Professor für Energieökonomik und angewandte Ökonometrie an der Ruhr-Universität Bochum.
„Schon jetzt haben wir knapp 40 Instrumente und Maßnahmen zur Regulierung des Wärmesektors in Deutschland“, betont der Experte. Als Beispiel nennt Frondel die nationale CO2-Bepreisung.
„Hier werden aus Klimaschutzgründen Heizöl, Erdgas, aber auch Diesel und Benzin teurer gemacht - aktuell mit 30 Euro pro Tonne CO2.“ Bei Heizöl seien das 9 Cent pro Liter on top inklusive Mehrwertsteuer. Tendenz steigend.
Für Frondel ist das Signal deutlich: „Heizen mit Öl und Gas wird sukzessive teurer.“ Aus seiner Sicht macht es also durchaus Sinn, auf eine klimafreundlichere Variante umzusteigen, wenn die alte Heizung kaputt geht. „Das geht aber nicht von heute auf morgen, also nicht von 2023 auf 2024.“ Wie es das GEG aber in seiner vom Kabinett beschlossenen Form vorsieht.
„Politik mit der Brechstange ist der völlig falsche Ansatz“
„Im Wärmesektor sind sehr hohe Investitionen nötig“, stellt Frondel klar. Der Umstieg koste die Immobilienbesitzer richtig Geld. Deshalb gehe es auch mit der energetischen Modernisierung kaum voran. Die Rate liege seit Jahrzehnten bei einem Prozent. „Politik mit der Brechstange, also mit einem Verbot, ist der völlig falsche Ansatz“, findet er.
Für Frondel ist vielmehr der bereits existierende und künftig noch viel umfangreichere Emissionshandel das Mittel der Wahl, um den CO2-Ausstoß zu senken. Der Europäische Emissionshandel ist seit 2005 das zentrale Klimaschutzinstrument der EU. 2027 kommen hier die Sektoren Verkehr und eben auch Wärme hinzu.
„Das wird zu einer weiteren Reduktion der Emissionen führen, weil diese einfach teurer werden, insbesondere für Heizöl“, ist Frondel überzeugt. „Ich frage mich, warum man nicht auf dieses funktionierende Instrument setzt und stattdessen, koste es was es wolle, Wärmepumpen durch eine Verbotspolitik in den Markt drückt.“
Habecks Heizwende zum Besten der Bürger?
Frondel glaubt vielmehr: „Die Menschen sind durchaus bereit, in Klimaschutz zu investieren und wissen auch, dass das nicht zum Nulltarif geht.“
Aber: „Sie mögen es nicht, entmündigt zu werden – insbesondere nicht mit dem paternalistischen Argument der Bundesregierung, dass man ja quasi im Sinne der Bürger handle, weil Heizen angesichts der CO2-Bepreisung von Öl und Gas irgendwann zu teuer für sie wird und man sich das dann nicht mehr leisten könne. Deswegen, so die Argumentation, verbieten wir das am besten gleich und nehmen euch die Entscheidung ab. Denn es ist ja nur zu eurem Besten.“
Zum Besten der Bürger ist die Heizwende à la Habeck nicht, so Frondel. Denn Wärmepumpen brauchen Strom. Und der hat so seine Tücken. „Der Strompreis wird in nächster Zukunft erstmal nicht günstiger, sondern teurer werden“, ist Frondel überzeugt. Und deshalb lohne es sich eben gerade nicht, anstatt in eine Erdgas in eine Wärmepumpe zu investieren mit den hohen Zusatzkosten.
Strom bleibt die nächsten Jahrzehnte teuer
Durch den Kernenergieausstieg jetzt und den Kohleausstieg bis spätestens 2038, vielleicht sogar schon 2030, sinke das Angebot. Der Ausbau der Erneuerbaren hingegen gehe nicht schnell genug.
„Das heißt, im Winter, wenn es dunkel ist und die PV-Anlagen keinen Strom produzieren und auch die Windkraftkapazitäten nicht ausreichen, gehen die Strompreise jeden Abend durch die Decke“, prognostiziert der Experte.
Strom wird laut Frondel wohl frühestens in ein bis zwei Jahrzehnten durch den Ausbau der Erneuerbaren günstiger werden. Die zu erwartenden höheren Strompreise hängen für ihn auch mit dem Ausbau der Netze zusammen. „Die Netznutzungsentgelte müssen steigen, weil hier hunderte Milliarden Euro investiert werden müssen.“
Sinkendes Angebot trifft laut dem Fachmann auf eine massiv steigende Nachfrage aufgrund von Wärmepumpen und E-Mobilität. „Wie kann da der Strompreis günstiger werden?“, fragt Frondel.
„CO2-Einsparungen durch Heizwende beeinflussen das Klima zu 0,0 Prozent“
Die Kosten sind das eine, Klimaschutz das andere. „Der Strom wird zwar grüner und der Anteil der Erneuerbaren am Strommix liegt bei rund 50 Prozent.“ Letztlich sei aber der Primärenergiemix entscheidend, erklärt Frondel. „Und hier haben erneuerbare Energien derzeit einen Anteil von 16 Prozent.“ Knapp die Hälfte davon sei Biomasse. „Mit Sonne und Wind wollen wir auf 100 Prozent kommen – das klappt nicht.“
Der Energieökonom ist überzeugt: „Die CO2-Einsparungen durch die Heizwende werden das Klima zu 0,0 Prozent beeinflussen.“ Deutschland habe einen Anteil an den weltweiten Emissionen von rund zwei Prozent. „Wir sind also unbedeutend für die Gesamtrechnung“, sagt Frondel.
Und weiter: „Wir können nur gewinnen, wenn wir in vorbildlicher Weise den CO2-Ausstoß reduzieren, und zwar in der Art, dass die Bevölkerung mitzieht und es gerne tut. Dann wären wir ein Vorbild für andere Länder. Nach dem Motto: Aha, die können das, ohne dass es zu Verwerfungen kommt.“
225 Milliarden Mehrkosten durch Umstieg von Gasheizung auf Wärmepumpe
Wie Deutschland aber im Moment Klimaschutz betreibt, ist für Frondel nicht sehr vorbildlich. Das Thema habe in der Bevölkerung keine Akzeptanz. Deshalb werde sich das auch nicht, um Einfluss aufs Klima zu haben, weltweit durchsetzen.
„Nach meiner Berechnung kostet der Umstieg von Gas auf Wärmepumpen rund 225 Milliarden Euro zusätzlich bis 2045“, berichtet Frondel. Wohlgemerkt: Wenn man für kaputte Gasheizungen neue Wärmepumpen einbaut. Die Bundesregierung argumentiere, dass sich die Investition aufgrund sinkender Strompreise langfristig auszahle. „Aber diese Rechnung geht nicht auf.“
Deshalb: „Ich hoffe, dass das Gesetz so nicht kommt. Weil Kosten und Nutzen in keinem Verhältnis stehen. Das Ausland lacht über uns.“
Heizwende senkt nur langsam CO2-Ausstoß
Wie eine Anfrage des Linken-Fraktionschefs im Bundestag, Dietmar Bartsch, ergeben hat, wird die geplante Abkehr von Öl- und Gasheizungen laut Bundesregierung den Kohlendioxid-Ausstoß nur langsam senken. So soll im kommenden Jahr die Heizwende nach Zahlen des BMWK die Emissionen des schädlichen Klimagases um 1,7 Millionen Tonnen drücken.
In den Folgejahren wird das dann schrittweise zwar mehr, allerdings auch nur bis zu einem Minus von 10,5 Millionen Tonnen 2030. In der Summe sollen von 2022 bis 2030 mit dem Umstieg auf erneuerbare Energien beim Heizen 43,8 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden. Zum Vergleich: Der gesamte Ausstoß an Treibhausgasen lag 2022 bei 761 Millionen Tonnen.
„Die Klimabilanz der geplanten Heizvorgaben ist ausgesprochen bescheiden: 1,4 Prozent weniger CO2-Ausstoß im Jahr 2030 im Vergleich zu heute“, kommentiert Bartsch das Vorhaben. „Alle Jahre bis 2030 zusammen sind es 5,6 Prozent Ersparnis.“ Hinzu komme der höhere Stromverbrauch, der mindestens bis 2030 nicht grün sein werde.
Fazit Bartsch: „Das Heizgesetz ist klimapolitisch vielfach heiße Luft. Die aktuelle Debatte und der tatsächliche Klimaeffekt stehen in einem krassen Missverhältnis. Die Pläne spalten das Land und verunsichern die Menschen.“
BMWK betont langfristigen Charakter der GEG-Novelle
Aus dem BMWK heißt es dazu: „Der Gesetzentwurf leitet einen schrittweisen Umstieg auf das Heizen mit Erneuerbaren Energien ein. Die Vorgaben gelten ohnehin nur für den Einbau von neuen Heizungen“, betonte eine Sprecherin gegenüber FOCUS online.
Und weiter: „Bei circa 20 Millionen Gebäuden und knapp 900.000 Heizungstauschen pro Jahr sind ganz grob geschätzt bis 2030 nur ein Drittel der Gebäude betroffen. Zusätzlich gibt es großzügige Übergangsfristen von bis zu 13 Jahren, beim Umstieg auf Wärmenetze oder dem Einbau einer H2-Ready Heizung ist in vielen Fällen erst in 2030 ein Deckungsanteil von 50 Prozent gegeben.“
Die volle Wirkung des Gesetzes entfalte somit erst über einen längeren Zeitraum seine Wirkung. Aufgrund der langen Investitionszyklen im Gebäudebereich müssten jedoch die Weichen schon jetzt gestellt werden, um das Ziel 2045 zu erreichen. „Weitere Einsparungen werden im Gebäudesektor vor allem durch die Förderprogramme, aber auch durch einen zunehmend steigenden CO2-Preis erreicht werden.“
Und damit bestätigt das Ministerium indirekt, warum es den Heizhammer eigentlich nicht bräuchte: steigende CO2-Preise
Das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG), das als Habecks Heizhammer populär wurde, erhitzt weiterhin die Gemüter. Bürger sehen ihr Wohneigentum gefährdet, Verbände und Opposition wettern gegen das inzwischen 170 Seiten dicke Bürokratiemonster.Selbst innerhalb der Koalition streiten sie über Ausnahmen und Änderungen noch immer wie die Kesselflicker.
Der öffentliche Diskurs hat mittlerweile sogar dazu geführt, die Verwandtschaftsverhältnisse an der Spitze des für die Heizwende zuständigen Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und diverser grüner Vorfeld-Organisationen zu sezieren.
Es stellt sich daher die Frage, ob ein Gesetz, das bereits vor Inkrafttreten zu derartigen gesellschaftlichen Verwerfungen führt, wirklich so beschlossen werden sollte.
Habeck feiert sein Heiz-Gesetz als Meilenstein der Klimapolitik
Im Deutschlandfunk sprach Habeck am Wochenende von einem großen Gesetz, das über Jahrzehnte Wirkung entfalten werde und ein Meilenstein in der deutschen Klimapolitik sei. Das Gebäudeenergiegesetz in diesem Frühjahr auf den Weg gebracht zu haben, findet er richtig.
„Also, es heißt ja noch immer Heizungsverbot. Was is'n das für'n Quatsch? Niemand will Heizen verbieten, im Gegenteil“, machte der Grünen-Politiker seine Sicht der Dinge deutlich. Gesellschaftliche Nachfragen sind seiner Meinung nach berechtigt.
Habeck findet sogar, dass alle Fragen zum neuen Gesetz beantwortet werden müssen. Dazu zählen dann auch solche nach dem Nutzen.
Energieökonom Frondel hält neues GEG für unnötig
„Die Novellierung des GEG ist überhaupt nicht notwendig und durch nichts gerechtfertigt“, sagt Manuel Frondel zu FOCUS online. Frondel ist seit 2003 Leiter des Kompetenzbereiches „Umwelt und Ressourcen“ am RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung und seit 2009 zudem außerplanmäßiger Professor für Energieökonomik und angewandte Ökonometrie an der Ruhr-Universität Bochum.
„Schon jetzt haben wir knapp 40 Instrumente und Maßnahmen zur Regulierung des Wärmesektors in Deutschland“, betont der Experte. Als Beispiel nennt Frondel die nationale CO2-Bepreisung.
„Hier werden aus Klimaschutzgründen Heizöl, Erdgas, aber auch Diesel und Benzin teurer gemacht - aktuell mit 30 Euro pro Tonne CO2.“ Bei Heizöl seien das 9 Cent pro Liter on top inklusive Mehrwertsteuer. Tendenz steigend.
Für Frondel ist das Signal deutlich: „Heizen mit Öl und Gas wird sukzessive teurer.“ Aus seiner Sicht macht es also durchaus Sinn, auf eine klimafreundlichere Variante umzusteigen, wenn die alte Heizung kaputt geht. „Das geht aber nicht von heute auf morgen, also nicht von 2023 auf 2024.“ Wie es das GEG aber in seiner vom Kabinett beschlossenen Form vorsieht.
„Politik mit der Brechstange ist der völlig falsche Ansatz“
„Im Wärmesektor sind sehr hohe Investitionen nötig“, stellt Frondel klar. Der Umstieg koste die Immobilienbesitzer richtig Geld. Deshalb gehe es auch mit der energetischen Modernisierung kaum voran. Die Rate liege seit Jahrzehnten bei einem Prozent. „Politik mit der Brechstange, also mit einem Verbot, ist der völlig falsche Ansatz“, findet er.
Für Frondel ist vielmehr der bereits existierende und künftig noch viel umfangreichere Emissionshandel das Mittel der Wahl, um den CO2-Ausstoß zu senken. Der Europäische Emissionshandel ist seit 2005 das zentrale Klimaschutzinstrument der EU. 2027 kommen hier die Sektoren Verkehr und eben auch Wärme hinzu.
„Das wird zu einer weiteren Reduktion der Emissionen führen, weil diese einfach teurer werden, insbesondere für Heizöl“, ist Frondel überzeugt. „Ich frage mich, warum man nicht auf dieses funktionierende Instrument setzt und stattdessen, koste es was es wolle, Wärmepumpen durch eine Verbotspolitik in den Markt drückt.“
Habecks Heizwende zum Besten der Bürger?
Frondel glaubt vielmehr: „Die Menschen sind durchaus bereit, in Klimaschutz zu investieren und wissen auch, dass das nicht zum Nulltarif geht.“
Aber: „Sie mögen es nicht, entmündigt zu werden – insbesondere nicht mit dem paternalistischen Argument der Bundesregierung, dass man ja quasi im Sinne der Bürger handle, weil Heizen angesichts der CO2-Bepreisung von Öl und Gas irgendwann zu teuer für sie wird und man sich das dann nicht mehr leisten könne. Deswegen, so die Argumentation, verbieten wir das am besten gleich und nehmen euch die Entscheidung ab. Denn es ist ja nur zu eurem Besten.“
Zum Besten der Bürger ist die Heizwende à la Habeck nicht, so Frondel. Denn Wärmepumpen brauchen Strom. Und der hat so seine Tücken. „Der Strompreis wird in nächster Zukunft erstmal nicht günstiger, sondern teurer werden“, ist Frondel überzeugt. Und deshalb lohne es sich eben gerade nicht, anstatt in eine Erdgas in eine Wärmepumpe zu investieren mit den hohen Zusatzkosten.
Strom bleibt die nächsten Jahrzehnte teuer
Durch den Kernenergieausstieg jetzt und den Kohleausstieg bis spätestens 2038, vielleicht sogar schon 2030, sinke das Angebot. Der Ausbau der Erneuerbaren hingegen gehe nicht schnell genug.
„Das heißt, im Winter, wenn es dunkel ist und die PV-Anlagen keinen Strom produzieren und auch die Windkraftkapazitäten nicht ausreichen, gehen die Strompreise jeden Abend durch die Decke“, prognostiziert der Experte.
Strom wird laut Frondel wohl frühestens in ein bis zwei Jahrzehnten durch den Ausbau der Erneuerbaren günstiger werden. Die zu erwartenden höheren Strompreise hängen für ihn auch mit dem Ausbau der Netze zusammen. „Die Netznutzungsentgelte müssen steigen, weil hier hunderte Milliarden Euro investiert werden müssen.“
Sinkendes Angebot trifft laut dem Fachmann auf eine massiv steigende Nachfrage aufgrund von Wärmepumpen und E-Mobilität. „Wie kann da der Strompreis günstiger werden?“, fragt Frondel.
„CO2-Einsparungen durch Heizwende beeinflussen das Klima zu 0,0 Prozent“
Die Kosten sind das eine, Klimaschutz das andere. „Der Strom wird zwar grüner und der Anteil der Erneuerbaren am Strommix liegt bei rund 50 Prozent.“ Letztlich sei aber der Primärenergiemix entscheidend, erklärt Frondel. „Und hier haben erneuerbare Energien derzeit einen Anteil von 16 Prozent.“ Knapp die Hälfte davon sei Biomasse. „Mit Sonne und Wind wollen wir auf 100 Prozent kommen – das klappt nicht.“
Der Energieökonom ist überzeugt: „Die CO2-Einsparungen durch die Heizwende werden das Klima zu 0,0 Prozent beeinflussen.“ Deutschland habe einen Anteil an den weltweiten Emissionen von rund zwei Prozent. „Wir sind also unbedeutend für die Gesamtrechnung“, sagt Frondel.
Und weiter: „Wir können nur gewinnen, wenn wir in vorbildlicher Weise den CO2-Ausstoß reduzieren, und zwar in der Art, dass die Bevölkerung mitzieht und es gerne tut. Dann wären wir ein Vorbild für andere Länder. Nach dem Motto: Aha, die können das, ohne dass es zu Verwerfungen kommt.“
225 Milliarden Mehrkosten durch Umstieg von Gasheizung auf Wärmepumpe
Wie Deutschland aber im Moment Klimaschutz betreibt, ist für Frondel nicht sehr vorbildlich. Das Thema habe in der Bevölkerung keine Akzeptanz. Deshalb werde sich das auch nicht, um Einfluss aufs Klima zu haben, weltweit durchsetzen.
„Nach meiner Berechnung kostet der Umstieg von Gas auf Wärmepumpen rund 225 Milliarden Euro zusätzlich bis 2045“, berichtet Frondel. Wohlgemerkt: Wenn man für kaputte Gasheizungen neue Wärmepumpen einbaut. Die Bundesregierung argumentiere, dass sich die Investition aufgrund sinkender Strompreise langfristig auszahle. „Aber diese Rechnung geht nicht auf.“
Deshalb: „Ich hoffe, dass das Gesetz so nicht kommt. Weil Kosten und Nutzen in keinem Verhältnis stehen. Das Ausland lacht über uns.“
Heizwende senkt nur langsam CO2-Ausstoß
Wie eine Anfrage des Linken-Fraktionschefs im Bundestag, Dietmar Bartsch, ergeben hat, wird die geplante Abkehr von Öl- und Gasheizungen laut Bundesregierung den Kohlendioxid-Ausstoß nur langsam senken. So soll im kommenden Jahr die Heizwende nach Zahlen des BMWK die Emissionen des schädlichen Klimagases um 1,7 Millionen Tonnen drücken.
In den Folgejahren wird das dann schrittweise zwar mehr, allerdings auch nur bis zu einem Minus von 10,5 Millionen Tonnen 2030. In der Summe sollen von 2022 bis 2030 mit dem Umstieg auf erneuerbare Energien beim Heizen 43,8 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden. Zum Vergleich: Der gesamte Ausstoß an Treibhausgasen lag 2022 bei 761 Millionen Tonnen.
„Die Klimabilanz der geplanten Heizvorgaben ist ausgesprochen bescheiden: 1,4 Prozent weniger CO2-Ausstoß im Jahr 2030 im Vergleich zu heute“, kommentiert Bartsch das Vorhaben. „Alle Jahre bis 2030 zusammen sind es 5,6 Prozent Ersparnis.“ Hinzu komme der höhere Stromverbrauch, der mindestens bis 2030 nicht grün sein werde.
Fazit Bartsch: „Das Heizgesetz ist klimapolitisch vielfach heiße Luft. Die aktuelle Debatte und der tatsächliche Klimaeffekt stehen in einem krassen Missverhältnis. Die Pläne spalten das Land und verunsichern die Menschen.“
BMWK betont langfristigen Charakter der GEG-Novelle
Aus dem BMWK heißt es dazu: „Der Gesetzentwurf leitet einen schrittweisen Umstieg auf das Heizen mit Erneuerbaren Energien ein. Die Vorgaben gelten ohnehin nur für den Einbau von neuen Heizungen“, betonte eine Sprecherin gegenüber FOCUS online.
Und weiter: „Bei circa 20 Millionen Gebäuden und knapp 900.000 Heizungstauschen pro Jahr sind ganz grob geschätzt bis 2030 nur ein Drittel der Gebäude betroffen. Zusätzlich gibt es großzügige Übergangsfristen von bis zu 13 Jahren, beim Umstieg auf Wärmenetze oder dem Einbau einer H2-Ready Heizung ist in vielen Fällen erst in 2030 ein Deckungsanteil von 50 Prozent gegeben.“
Die volle Wirkung des Gesetzes entfalte somit erst über einen längeren Zeitraum seine Wirkung. Aufgrund der langen Investitionszyklen im Gebäudebereich müssten jedoch die Weichen schon jetzt gestellt werden, um das Ziel 2045 zu erreichen. „Weitere Einsparungen werden im Gebäudesektor vor allem durch die Förderprogramme, aber auch durch einen zunehmend steigenden CO2-Preis erreicht werden.“
Und damit bestätigt das Ministerium indirekt, warum es den Heizhammer eigentlich nicht bräuchte: steigende CO2-Preise
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