Das Heizungsgesetz wird durchs Parlament geprügelt (Cicero)
Unter Hochdruck
Die Koalition will ihr Heizungsgesetz auf Teufel komm raus noch vor der parlamentarischen Sommerpause durch den Bundestag bringen. Doch da sie sich selbst in vielen Details und einigen grundsätzlichen Dingen überhaupt nicht einig war, muss das Parlament nun unter Hochdruck arbeiten. Wozu diese Eile? Warum dieser Zeitdruck?
Die Rettung des Weltklimas kann nicht warten, würden diejenigen antworten, aus deren Schubladen die erste Version des Habeckschen Heizhammers stammte: Ex-Staatssekretär Patrick Graichen und seine Gesinnungsgenossen von „Agora Energiewende“. Sie träumen von der All Electric Society, in der alle Häuser mit Ökostrom beheizt und alle (verbliebenen) Autos mit Ökostrom betankt werden. Zu diesem Zweck wollten sie der Wärmepumpe putschartig in der Gas- und Ölheizungsnation Deutschland zum Durchbruch verhelfen.
FDP leistete Widerstand
Es hat nicht geklappt. Der Koalitionspartner FDP, dessen Stammwählerschaft in eigenen Immobilien nicht nur eine Wertanlage, sondern eine Trutzburg gegen staatlicher Übergriffigkeit sieht, sah sich herausgefordert und bekämpfte das geplante De-facto-Verbot neuer Gasheizungen (verbunden mit einer De-facto-Pflicht zur Wärmepumpe) mit Vehemenz. Und als dann noch die Bayern mal kurz ihre Mistgabeln zeigten und sich ein von Hubert Aiwanger angeführter Heizungsaufstand ankündigte, knickten in Berlin sogar die Grünen ein.
Man einigte sich innerhalb der Koalition auf eine Entschärfung des ursprünglichen Plans, war aber sich dann aber nicht mehr ganz so einig darüber, worin diese Einigung im Detail bestand. Gefeilt und gefeilscht wird daher bis zur letzten Minute.
CDU-Abgeordneter zieht vor das Verfassungsgericht
Die Opposition, die das vermurkste Heizungsgesetz als dankbares Thema aufgegriffen hat, um der Ampelkoalition wohlstandsvernichtende Bevormundungspolitik vorzuwerfen, regt sich über den künstlich erzeugten Zeitdruck auf. Während die AfD den Wärmepumpen-Plan rundherum ablehnt und die gute alte Gas- oder Ölheizung retten will, betont man bei der CDU, grundsätzlich für die „Wärmewende“ zu sein, aber man wolle sie nicht mit Gewalt erreichen, sondern auf die sanfte Tour.
- Kritik am Bundeswirtschaftsminister: Habecks Heizdiktat ist ein Wahlkampfgeschenk für die AfD (Malte Heidorn, Jan Marose)
- Wärmewende: Für die Herrschaften zu teuer (Ingo Way)
- Grüne Seilschaften: Patrick Graichen, der beamtete Lobbyist (Daniel Gräber)
Darauf legt etwa der christdemokratische Bundestagsabgeordnete Thomas Heilmann wert, der Mitglied der Klima-Union ist und den Abschied von fossilen Energieträgern eigentlich für eine gute Idee hält. Was ihn aber massiv stört, ist der viel zu knappe Zeitplan. Er hat deshalb das Bundesverfassungsgericht angerufen und will die Regierungsmehrheit per Eilantrag dazu zwingen, die Verabschiedung des Gesetzes zu verschieben.
Mehr Beratungszeit im Bundestag
„Die Ampel ruiniert die Wärmewende mit einem Last-Minute-Gesetzespaket und einem verfassungswidrigen Verfahren. Die parlamentarisch maximal verkürzten Beratungen zur Novelle des Gebäudeenergiegesetzes erlauben es nicht, die konzeptionellen Schwächen dieses Gesetzespakets aufzuzeigen und zu ändern“, sagte Heilmann der Welt. „Ich hätte gern ein besseres Gesetz durch ausreichend Beratungszeit.“
Mit seinem Antrag auf einstweilige Anordnung will der CDU-Abgeordnete erreichen, dass es dem Bundestag untersagt wird, die abschließende Beratung und Abstimmung zum Gebäudeenergiegesetz durchzuführen, ohne dass die angekündigten Änderungsanträge mindestens 14 Tage vorher den Abgeordneten schriftlich zugegangen sind.
Überrumpelungstaktik ist gescheitert
Ob Heilmann juristischen Erfolg haben wird oder nicht: Er hat recht. Ein so komplexes Vorhaben, das in Millionen Heizungskeller hineinregiert und (finanzielle) Auswirkungen auf jeden Einzelnen haben wird, darf nicht unter Volldampf durchs Parlament gedrückt werden. Robert Habecks – beziehungsweise Patrick Graichens – Überrumpelungstaktik ging schon beim ersten Anlauf schief. Der inzwischen über seine Trauzeugenaffäre und seine Kopf-durch-die-Wand-Mentalität gestolperte Energiewende-Staatssekretär wollte die Wärmepumpe gesetzlich durchsetzen, bevor die breite Öffentlichkeit überhaupt wusste, was eine Wärmepumpe ist. Das konnte nicht gelingen.
Zumal dann nicht, wenn die regierenden Grünen gleichzeitig trotz Ukrainekrieg und Energiekrise stur an ihrem Anti-Atomkraft-Dogma festhalten. Eine windkraftbetriebene Wärmepumpe kann im Winter nicht zuverlässig heizen. Kohle- und Gaskraftwerke müssen dann einspringen. Oder der Stromnetzbetreiber schaltet die Heizung einfach ab. Dass will die Bundesregierung gesetzlich ermöglichen, um Blackouts zu verhindern.
Wer die Grünen kritisiert, ist Antidemokrat
Dass SPD und Grüne das Heizungsgesetz vor den großen Parlamentsferien vom Tisch haben wollen, ist zwar nachvollziehbar. Sie wollen den koalitionsinternen Streit endlich beenden und hoffen, dass sich die wütenden Bürger in den sonnigen Urlaubswochen wieder ab- oder bald über etwas anderes aufregen. Aber das sind rein parteitaktische Erwägungen. Sie dürfen kein Grund dafür sein, ein von Anfang an verkorkstes Gesetzesvorhaben, das entscheidende Infrastruktur-Weichenstellungen für Jahrzehnte beinhaltet, so durch das parlamentarische Verfahren zu prügeln.
Gerade die Grünen zeigen dabei wieder einmal ihr wahres Gesicht: Sie reden gerne von Bürgernähe, Transparenz und Teilhabe. Aber sobald sie an der Macht sind, setzen sie rücksichtslos durch, was sie für richtig empfinden. Und wer das kritisiert, wird zum Antidemokraten erklärt. Schließlich kamen die Grünen ja demokratisch an die Macht.
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