Wichtig zu wissen: Das Budgetrecht ist das vornehmste Recht der Parlamentarier. Seit den Zeiten von Reichskanzler Bismarck gebührt nur ihnen das Recht, Einnahmen und Ausgaben des Staates festzusetzen. Hier endet die Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers. Er und seine Minister können lediglich Vorschläge machen.
Und genau deshalb wird sich ein selbstbewusstes und in Finanzfragen erfahrenes Parlament das, was Robert Habeck, Christian Lindner
und Olaf Scholz als „Gesamtkunstwerk“ präsentiert haben, nicht gefallen
lassen. Die objektiv gebotenen Prioritäten und dieser
Koalitionsbeschluss passen nicht zusammen.
# Priorität 1: Deutschlands Verteidigungskräfte stärken
Verteidigungsminister Boris Pistorius und die Bundeswehr sind die großen Verlierer dieses Kompromisses. Pistorius wollte den Etat der Landesverteidigung von aktuell rund 52 Milliarden Euro um mindestens 6,5 Milliarden Euro aufstocken. Nicht, weil er ein Knecht der Rüstungsindustrie wäre, sondern weil die Bundeswehr sich in einem jämmerlichen Zustand befindet.
Die unbequeme Wahrheit: Sobald das Sondervermögen Bundeswehr aufgebraucht ist, reicht es wieder nicht, das Zwei-Prozent-Ziel, das man innerhalb der Nato versprochen hat, zu halten. Die ständigen Einnahmen sind zu gering.
Bekommen soll Pistorius im nächsten Jahr nur etwa 1,2
Milliarden Euro zusätzlich. Der Bundeswehr-Etat ist damit kein Etat der
Zeitenwende, sondern Ausdruck vorsätzlicher Ignoranz. Man hofft, dass
Putin nicht durchzieht. Man verlässt sich weiter auf die militärischen
Kapazitäten der USA. Man macht sich mit großen Worten im Parlament
wichtig (Scholz: „Wir erleben eine Zeitenwende.“) und hofft am Wahltag
auf die Vergesslichkeit des Publikums.
# Priorität 2: Der Schmu mit den Minderausgaben
Im Haushalt 2025 liegt die globale Minderausgabe bei 16 Milliarden. Das bedeutet, 16 Milliarden Euro fehlen noch zum ausgeglichenen Haushalt. Der Laie denkt bei den Worten „globale Minderausgabe“, hier sei kräftig gespart worden.
Das Gegenteil ist richtig: Diese Worte sagen, hier müsste eigentlich gespart werden, aber wir konnten uns nicht entscheiden, wo und wie wir den Rotstift ansetzen sollen.
Damit beschreibt dieser Terminus das Ausmaß der Nichteinigung. Es ist den dreien nicht gelungen, sich in dieser doch enormen Größenordnung auf Sparvorschläge zu verständigen. Die Prioritätensetzung fand nicht statt, was im Klartext bedeutet: Nach der Einigung ist vor dem Konflikt. Die richtige Überschrift über diesem Ergebnis wäre gewesen: We agree to disagree.
# Priorität 3: Angebotsbedingungen der Unternehmen verbessern
Die deutsche Wirtschaft und insbesondere der Mittelstand können unter den herrschenden Angebotsbedingungen keine hohen Wachstumsraten erzielen. Der Cocktail aus hohen Löhnen, Steuern, Lohnnebenkosten, Zinsen, erhöhter Inflation und Energiepreisen sowie einem Höchststand bei den Bürokratiekosten ist nicht nur ungesund, sondern giftig.
Dieses Gift lähmt das Wachstum. Deshalb zieht sich die Wirtschaft zusammen.
Wer in dieser Situation „patriotische Investitionen“ anmahnt, wie der Wirtschaftsminister es tut, macht sich der unterlassenen Hilfeleistung schuldig. Er reagiert wie ein Arzt, der den sich vor Schmerzen krümmenden Patienten auffordert, sich zusammenzureißen.
# Priorität 4: Mehr Realismus wagen
Die skizzierte Wachstumsinitiative des Einigungsbeschlusses ist in den Ausgaben kalkulierbar, aber nicht in den Einnahmen. Die Annahme, 2025 werde das „Wachstumspaket“ – bestehend aus 49 Maßnahmen, die Investitionen fördern und Bürokratie abbauen sollen – zu 0,5 Prozent zusätzlichem Wachstum führen, ist eine Schätzgröße. 26 Milliarden Euro mehr Wirtschaftsleistung sollen dadurch entstehen, sagt der Wirtschaftsminister.
Der unterstellte Effekt ist unseriös, weil allein der staatliche Impuls,
der von den geplanten Maßnahmen ausgeht, niemals ein fast doppelt so
hohes Wachstumstempo aufweisen kann, wie die für 2024 von der
Bundesregierung erwarteten 0,3 Prozent. Hier wird mit Zahlen gespielt
wie im Kasino.
# Priorität 5: Sozialstaat begrenzen
Zwingend notwendig wäre es, das Wachstum des Sozialstaates zu bremsen und anschließend den Etat zu limitieren. Seit Jahren wächst der Sozialetat schneller als die Volkswirtschaft, was bedeutet, dass die Wohlstandsmaschinerie überfordert wird. Angesichts einer alternden Bevölkerung ist dieser Sozialstaat nicht zukunftsfest.
Der Staat muss – weil er sich nicht traut, den
Bürgern die Wahrheit zu sagen – immer höhere Anteile von Löhnen,
Gewinnen, Dividenden Vermögenswerten und Boni konfiszieren, um jene
Rechtsansprüche zu befriedigen, die er gegenüber Menschen ausreicht,
denen er Bedürftigkeit attestiert. Das Bürgergeld bleibt unangetastet.
Im kommenden Jahr ist eine weitere Kindergelderhöhung geplant. So werden
die Probleme nicht gelöst, sondern verschärft.
# Priorität 6: Mehr Privatwirtschaft wagen
Anstatt die privaten Bautätigkeiten durch eine Entrümpelung des Baurechts und mehr Flexibilität beim Mieterschutz anzuregen, will man zusätzliches Steuerzahlergeld in den sozialen Wohnungsbau pumpen. Die Entfesselung der privaten Bautätigkeit, die in Deutschland de facto zum Erliegen gekommen ist, versucht man durch staatliche Ersatzhandlung zu substituieren. Das kann nicht gelingen.
Es fehlen in diesem Jahr 600.000 Wohnungen, sagt der Rat der
Immobilienweisen. Im vergangenen Jahr wurde der Neubau von nur knapp
50.000 Sozialwohnungen gefördert. Problem und Lösung passen wieder mal
nicht zueinander. Die Notlage auf dem Wohnungsmarkt wird trotz dieser
Summen nicht verschwinden, sondern sich verschärfen.
Fazit: Was man da beschlossen hat, dient dem Erhalt der Macht, aber nicht dem Erhalt von Wohlstand und Sicherheit in Deutschland. Der Tag, an dem das Volk merkt, dass die Regierung zu keiner Prioritätensetzung in der Lage ist, wird kein guter Tag für die Ampel. Oder um es mit Franz Josef Strauß zu sagen:
Everybody’s Darling is Everybody’s Depp.
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