Die Bundesregierung spare in ihrem
aktuellen Haushaltsentwurf bei den Ärmsten. Und verpasse wichtige
Investitionen in die Bahn oder den Ausbau der Verkehrswege. „Während
eine im wahrsten Sinne des Wortes abgehobene Kaste sich die
Flugbereitschaft gönnt, quetschten sich zehntausende Bürger in
überlastete und überfüllte Busse und Bahnen, um an die Spielorte zu
kommen – wenn überhaupt etwas fährt“, so Pellmann. „Bürgernähe geht
anders!“
Auch bei den Grünen sind nicht alle über das Vorgehen der Ampel-Minister erfreut. „Ich hab wenig Verständnis für so viele EM-Flüge von Regierungsmitgliedern und hab auch wenig Lust das zu verteidigen“, schrieb Tim Achtermeyer, Landesvorsitzender der NRW-Grünen, auf X.
Die Ampel-Bundestagsfraktionen von Grünen, SPD und FDP wollten sich auf WELT-Anfrage hingegen nicht äußern und verwiesen an die entsprechenden Ministerien. Auch die Unionsfraktion äußerte sich auf Anfrage nicht.
Wie sich AfD und BSW positionieren
Die AfD nannte die Nutzung der Flugbereitschaft zu EM-Spielen „maßlos, schamlos und völlig unnötig“. Innerhalb Deutschlands stünden Linienflüge, die Deutsche Bahn oder Dienstwagen zur Verfügung, betonte Jörn König, Vize-Chef der AfD-Bundestagsfraktion. „Hunderttausende Euros Kosten sind ein ähnlicher Skandal wie Hunderttausende Euros für Friseur und Visagistin bei Frau Baerbock.“ Die Außenministerin stand zuletzt wegen hoher Kosten für eine Visagistin auf Reisen in der Kritik.
Grund für einen dienstlichen Besuch der Spiele sei nur bei Kanzler Olaf Scholz, Sport- und Innenministerin Nancy Faeser (beide SPD) sowie Mitgliedern des Sportausschusses des Bundestags gegeben. „Alle anderen Minister haben auf einem solchen Sportereignis dienstlich nichts zu suchen und müssen sich die Karten, An- und Abreise privat besorgen und bezahlen“, so König zu WELT. „Kostenlose ‚Ehrenkarten‘ gehören abgeschafft.“ Politiker sollten jene Karten spenden oder bei Nutzung „den geldwerten Vorteil versteuern“.
Die Uefa stellte
Repräsentanten der deutschen Verfassungsorgane insgesamt 669 sogenannte
Ehrenkarten zur Verfügung. Damit sollte eine politische Repräsentation
des Gastgeberlands sichergestellt sein. Die Ehrenkarten waren kostenlos,
nicht käuflich zu erwerben und ausschließlich Mitgliedern der
Bundesregierung, der Bundestagspräsidentin oder Mitgliedern des
Bundestags vorbehalten. Auch Linke-Parteichef Martin Schirdewan forderte
Politiker zuletzt auf, ihre Ehrenkarten an Ehrenamtliche aus dem
Breitensport zu vergeben.
Die Flüge der Minister zu den Spielen zeigten „die ganze Inkonsequenz der grünen Klimapolitik“, findet das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Jessica Tatti, Parlamentarische Geschäftsführerin der BSW-Gruppe im Bundestag, sagte: „Annalena Baerbock wird von der Bundeswehr zum EM-Spiel chauffiert, während der Normalbürger dem Bahnchaos ausgesetzt ist.“ Es sei nicht verwunderlich, dass deutsche Politiker „als abgehoben wahrgenommen“ würden.
Sicher
freue es die Nationalspieler, wenn die Bundesregierung bei den Spielen
anwesend sei. „Was man aber keinem Menschen erklären kann, ist, dass
sich die grüne Außenministerin mit der Flugbereitschaft vom Spiel in
Frankfurt läppische 250 Autokilometer nach Luxemburg fliegen lässt und
dafür noch das Nachtflugverbot umgeht“,
so Tatti zu WELT. Baerbock flog nach dem Spiel der deutschen Mannschaft
gegen die Schweiz in Frankfurt am Main dienstlich nach Luxemburg. Der
Flug kostete laut Verteidigungsministerium gut 47.000 Euro.
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