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Eine satirische Bildmontage auf X |
Ein Urteil wie aus einer Diktatur (WELT+)
Im Kampf gegen die sogenannten „Staatsdelegitimierer“ sah die Ministerin, die 2021 selbst noch einen Gastbeitrag im linken Kampfblatt „Antifa“ veröffentlicht hatte, ihre Kernaufgabe. Unrühmlicher Höhepunkt dieses Feldzugs war das Verbot des rechten Kampfblatts „Compact“ im Juli 2024 – ein hochproblematischer Angriff auf die Pressefreiheit, denn strafrechtlich hatte sich das Magazin nichts zuschulden kommen lassen. Was aber nicht ausdrücklich verboten ist, bleibt in einem Rechtsstaat erlaubt – weshalb das Bundesverwaltungsgericht die Entscheidung aufhob, eine Blamage für die Ministerin. Trotz der juristischen Niederlage, die eine vorläufige bleibt, hat Faeser die Meinungsfreiheit mit dem Verbotsversuch nachhaltig beschädigt. Denn eine Razzia in einer Redaktion, medienwirksam von anderen Pressevertretern begleitet, hat eine abschreckende Signalwirkung.
Strafanzeige hatte im Mai 2024 Faeser selbst gestellt. Das Urteil erging
wegen „gegen Personen des politischen Lebens gerichteter Verleumdung“,
definiert im während der Corona-Pandemie verschärften Paragrafen 188.
Die Freiheitsstrafe von sieben Monaten wurde zur Bewährung ausgesetzt,
eine Entschuldigung des Verurteilten bei Faeser verlangt.
Betrachtet man die Bildmontage – schon durch die unrealistische Typografie klar als Meme, also als Internetgag erkennbar –, dann will man nicht glauben, dass dieses Urteil in einem demokratischen Land gesprochen wurde. Noch der dümmste Internetnutzer wird ahnen, dass eine Bundesministerin sich nicht selbst öffentlich als Feindin der Meinungsfreiheit anklagt. Und selbst wenn man davon ausgeht, dass ein paar extrem Begriffsstutzige das Bild nicht als Montage erkennen könnten, ist doch der Schutz dieser satirischen Machtkritik, die jeder vernunftbegabte Bürger als solche erkennt, in der Güterabwägung unendlich viel höher zu veranschlagen.
Gefängnis für einen polemischen Witz über Politiker? Die Wirkung, die von dieser nur mangels Vorstrafen zur Bewährung ausgesetzten Haftstrafe ausgeht, ist katastrophal und in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland wahrscheinlich präzedenzlos. Dass Journalisten für satirische Regierungskritik womöglich hinter Gitter müssen, ist ein Erkennungszeichen von Diktaturen. Wenn Nancy Faeser sich von diesem skandalösen Urteil nicht klar distanziert, muss man fast vermuten, dass sie die Meinungsfreiheit tatsächlich hasst.
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