So machen die aktuellen Eliten die AfD groß (WELT+)
Von Ulf Poschardt
Die AfD erreicht einen neuen Umfragerekord, ohne viel dafür tun zu
müssen. Sie kann auf die politischen, kulturellen und medialen Eliten
zählen, die jede Lernkurve im Umgang mit der Partei verweigern.
Am
bizarrsten sind die Reaktionen ungläubigen Staunens über den
mittlerweile kometenhaften Aufstieg der AfD. Spätestens hier an dieser
Stelle wird in vielen Medien mit gefühlt vier bis sieben Adjektiven
ergänzt, wie schlümm, schlümm, schlümm die Partei ist – um sich dann
wieder damit zu beruhigen, dass man ja im Namen aller Anständigen und
„unserer Demokratie“™ spreche.
Dabei ist die AfD zum ersten Mal in
einer Umfrage bei 26 Prozent angekommen und liegt damit erneut vor der
Union. Besonders traurig, 2018 sprach Friedrich Merz davon, die AfD halbieren zu können,
mittlerweile aber hat sie sich glatt verdoppelt. Mehr noch, sie liegt
mittlerweile satte elf Prozentpunkte vor der doch eher ehemaligen
Volkspartei SPD, die nur noch mit 15 Prozent dasteht, sich aber in den
Koalitionsvereinbarungen mit der Union zum erstaunlich einflussreichen
Juniorpartner verhandeln konnte.
Die
AfD hat einen miserablen Wahlkampf gemacht und präsentiert sich auch in
diesen Tagen weitgehend fahl und indisponiert. Aber: Sie hat geniale
Wahlkämpfer in den aktuellen politischen, kulturellen und medialen
Eliten, die schlicht und ergreifend jede Lernkurve im Umgang mit der AfD
verweigern. Die erregte Selbstbefriedigung der Anhänger „unserer
Demokratie“™, der „Anständigen“™, von „Maß und Mitte“™ über die
Brandmauer wird auch deshalb fortgesetzt, weil diese ein nostalgisch
wärmendes Gefühl erzeugt. Damals, weißt du noch, als die Republik auf
unseren ideologischen Kram gehört hat und fast alle gespurt haben,
flüstern die Neu-Frustrierten. Die Brandmauer ist der letzte Triumph des Shitbürgertums, das dort weitermacht, wo Rezo, der schlichte Influencer mit den blauen Haaren, aufgehört hat: bei der Zerstörung der CDU.
Todsünde Habgier, ÖRR-Edition