Die Zahlen zeigen, wie falsch die Erzählung vom „Rechtsruck in Europa“ ist (WELT)
, Ressortleiter Außenpolitik, 10.06.2024
, Ressortleiter Außenpolitik, 10.06.2024
Nach den Ergebnissen der Europawahl geben sich viele alarmiert, sprechen
von einem „Rechtsruck“ und warnen vor dem Ende der Demokratie. Aber ein
differenzierter Blick auf aktuelle und historische Ergebnisse zeigt,
dass diese Wahrnehmung verzerrt ist – und unzulässig pauschalisiert.
Vom „Rechtsruck“ in Europa ist seit vielen Jahren die Rede – vor und nach
der Wahl zum EU-Parlament wird das Wort wieder intensiv genutzt. Dabei
zeigt ein Blick auf die aktuellen und historischen Zahlen etwas anders:
Der Aufstieg rechtsnationaler Parteien vollzog sich langsam und stetig
über die vergangenen 25 Jahre – und die aktuelle Wahl fügt sich exakt in
dieses Muster ein. Im Jahr 1999 kamen nationalistische, EU-kritische
Parteien auf 7,5 Prozent im Europaparlament. Inzwischen liegt der Anteil
dieser Parteien bei 20,3 Prozent, wobei es von Wahl zu Wahl stets
Zugewinne im niedrigen einstelligen Bereich gab. Diesmal waren es 2,3
Prozentpunkte. Die stärksten Zugewinne hatten die
rechtsnationalistischen Parteien bei den Wahlen im Jahr 2009 und 2014 –
in den Hochzeiten der europäischen Staatsschuldenkrise. Aber auch damals
lag das größte Plus nur bei 3,9 Prozentpunkten, das war 2014.
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