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Der „Aktionstag gegen Hass und Hetze“ schadet der Demokratie (Cicero)
Das Bundeskriminalamt geht bundesweit mit
zahllosen Hausdurchsuchungen gegen Meinungsäußerungen im Netz vor.
Aktionstag gegen strafbare Hass-Postings nennt sich das. Eine
unerträgliche Beschönigung. Die Aktion ist eine völlig
unverhältnismäßige Maßnahme, die die Bürger einschüchtern soll.
VON VOLKER BOEHME-NESSLER am 25. Juni 2025, 5 minWas für ein Timing! Gestern hat das Bundesverwaltungsgericht die
Meinungsfreiheit in einem Grundsatzurteil deutlich gestärkt. Heute geht
seit 6 Uhr morgens die Polizei in einer konzertierten bundesweiten
Aktion gegen Bürger vor, die mutmaßlich strafbare Posts im Internet
veröffentlicht haben. NRW-Innenminister Herbert Reul rechtfertigt das so:
„Digitale Brandstifter dürfen sich nicht hinter ihren Handys oder
Computern verstecken dürfen“. Die Polizei hat etwa 65 Hausdurchsuchungen
durchgeführt und zahllose Bürger vernommen. Es geht um mutmaßliche
extremistische politische Äußerungen und mögliche Beleidigungen von
Politikern. Was aber in der Öffentlichkeit verschwiegen wird: Zwei in
einer Demokratie unverzichtbare Grundrechte sind hart betroffen – die
Meinungsfreiheit und die Unverletzlichkeit der Wohnung.
Einbruch des Staates in die Privatsphäre
Hausdurchsuchungen
sind das schärfste Schwert des Staates im Ermittlungsverfahren. Mit
einer Durchsuchung wollen die Ermittler etwas finden, das der Betroffene
geheim halten will. Natürlich sind Hausdurchsuchungen manchmal nötig.
Verbrechensbekämpfung ist kein harmloses Spiel. Aber gleichzeitig sind
sie auch tiefe Eingriffe in die Grundrechte von Bürgern.
Die
Verfassung garantiert die Unverletzlichkeit der Wohnung. Das hängt mit
der Menschenwürde zusammen. Die Wohnung ist der Raum, in der sich der
Mensch privat und geschützt entfalten kann. In der eigenen Wohnung ist
man sicher, unkontrolliert und frei. Das sind ideale Bedingungen, um
eine Persönlichkeit zu entfalten – und genau das will das Grundgesetz
möglich machen.
Das ist eine Antwort des Grundgesetzes auf das Naziregime. Die
Nazijustiz setzte willkürliche Hausdurchsuchungen als Mittel ein, um die
Bürger einzuschüchtern. Der totalitäre NS-Staat wollte den totalen
Zugriff auf die Bürger. Hausdurchsuchungen völlig ohne Grund waren
deshalb das Signal an die Bürger: Auch die Privatsphäre der Wohnung
schützt euch nicht vor dem Zugriff dieses Staates. Es gibt kein
Entkommen vor dem totalen Staat. Dieser historische Hintergrund erklärt,
warum dem Grundgesetz der Schutz der Unverletzlichkeit der Wohnung so
wichtig ist. Die deutsche Verfassung ist der Gegenentwurf zum
totalitären Staat. Sie stellt die Menschenwürde und die Freiheit der
Bürger in den Mittelpunkt.
Verhältnismäßigkeit – Schutz der Bürgerfreiheiten