Berlin – Experten-Klatsche für die Berliner Ermittler im Fall Bolz
Nach Hausdurchsuchung bei Welt-Kolumnist:Fall Bolz: Bundestags-Juristen belehren Ermittler (WELT+)
Erst die Empörung über die Hausdurchsuchung bei Welt-Kolumnist und Medienwissenschaftler Norbert Bolz (72) im Auftrag der Staatsanwaltschaft wegen eines Satire-Postings mit dem Satz „Deutschland erwache“ (Verdacht: Volksverhetzung!). Und nun müssen sich die Berliner Ermittlungsbehörden auch noch von Juristen des Bundestages belehren lassen!
Der „Wissenschaftliche Dienst“ des Bundestages hat sich – ohne den Fall konkret zu nennen – unmittelbar nach der umstrittenen Aktion den für den Fall Bolz relevanten Volksverhetzungs-Paragrafen 86a des Strafgesetzbuches (StGB) angesehen. Und die Haus-Juristen des Bundestages (beraten die Abgeordneten bei Gesetzen etc.) kommen zu dem Schluss: Wenn klar erkennbar sei, dass sich die Äußerung gegen Parolen des Nazi-Regimes richten („Heil Hitler“, „Hitlergruß“, Abbildungen von Hakenkreuzen oder SS-Runen), erübrige sich eine Strafverfolgung.
Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages erklärt in seinem Papier, es sei nach Paragraf 86a des Strafgesetzbuches verboten, nationalsozialistische Symbole oder Parolen zu verwenden. Schon das Verwenden an sich könne strafbar sein, auch wenn es nicht in zustimmender oder werbender Art erfolge. Der Paragraf habe eine „Tabuisierungsfunktion“. Kennzeichen verbotener Organisationen sollen also im Alltag keine normale Rolle spielen.
Es gebe aber eine Einschränkung, heißt es in dem Papier weiter. Im Hinblick auf die Meinungsfreiheit sei eine „verfassungskonforme restriktive Auslegung“ geboten. Werden entsprechende Symbole also in einer Weise verwendet, die nicht im Widerspruch zum sogenannten Schutzzweck des Paragrafen stehen, ist dies nicht automatisch strafbar. Gerichte und Staatsanwaltschaften müssten dafür im Einzelfall alle Umstände in Betracht nehmen.
Nicht strafbar sei der Gebrauch etwa, wenn damit „in offenkundiger und eindeutiger Weise“ die Bekämpfung der Ideologie zum Ausdruck gebracht werde. Deshalb sei es erlaubt, ein durchgestrichenes Hakenkreuz auf einem T-Shirt zu tragen. Auch ein Symbol, auf dem ein Hakenkreuz in den Müll geworfen werde, sei nicht strafbar. Die Anforderungen an die Offenkundigkeit und Eindeutigkeit der gegnerischen Zielsetzung seien hoch, die Ablehnung müsse „auf Anhieb“ ersichtlich sein, heißt es in dem Dokument. Auf den Ausspruch „Deutschland erwache“ und den aktuellen Fall geht der Wissenschaftliche Dienst jedoch nicht ein.
Das schreiben die Bundestags-Juristen


