Ich halte nichts von den Streichungen in diesem Umfang. Deshalb kämpfe ich im Kabinett dafür, dass es in dieser Härte nicht kommt.
Finanzminister Christian Lindner – dem eine FDP-Mitgliederbefragung zum Ausstieg aus der Ampel im Nacken sitzt – will es auch nicht mehr gewesen sein. Im Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagt er:
Um es klar zu sagen, ich bin kein Freund der Belastung der landwirtschaftlichen Betriebe.
In der Fraktion der SPD hat die Absatzbewegung vom eigenen Kanzler ebenfalls begonnen. Der Vize-Fraktionsvorsitzende Dirk Wiese denkt schon daran, das ganze Sparpaket wieder aufzuschnüren:
Wenn wir bei der Umweltprämie jetzt etwas rückgängig machen, beim Agrardiesel möglicherweise etwas rückgängig machen, dann muss das an anderer Stelle gekürzt werden. Das ist jetzt die Herausforderung, vor der wir stehen.
Die Presselage für die Ampel fällt einmal mehr verheerend aus. „Bauern auf den Barrikaden!“, schlagzeilt BILD, „Das Sparpaket der Pandora“, kommentiert FAZ-Herausgeber Berthold Kohler. „Der ‚Ampel‘ vergeht die Lust am Sparen“, heißt es von der NZZ.
Auf die neuen Depeschen der Demoskopen, die zuletzt die Union auf Augenhöhe mit allen drei Regierungsparteien sahen, darf man gespannt sein. Olaf Scholz, anders kann man die Zahlen der vergangenen Monate nicht interpretieren, wird von den Wählern nach unten durchgereicht.
„Das Absurde hat nur insofern einen Sinn, als man sich nicht mit ihm abfindet“, hat Albert Camus einst gesagt. Das einfache Volk kennt Camus nicht. Aber es handelt exakt gemäß dieser Prämisse. Zunehmend mehr Menschen haben das Gefühl, dieser Olaf Scholz sei nicht links und nicht rechts, sondern unfähig. Vielleicht ist er ja gar kein Kanzler, sondern nur ein Irrtum.
In der Kühle der SPD-Leichenhalle, da wo bereits die gescheiterten Spitzenkandidaten und Parteivorsitzenden Martin Schulz, Rudolf Scharping, Kurt Beck und Peer Steinbrück die ewige Ruhe genießen, wird womöglich bald Platz für einen Neuzugang gebraucht. Ein seltsam versteifter Olaf Scholz kommt dem Leichenbestatter auf halbem Wege entgegen. Er wirkt bei seinen wenigen öffentlichen Auftritten wie einbalsamiert, sein Lächeln gefroren, seine Gesten mechanisch.
Er spricht, aber im Grunde sagt er nichts. Er ist weiter Kanzler, aber nur noch so halb. Die Autorität des Olaf Scholz ist zur Mitte der Legislaturperiode sichtlich erodiert.
Noch fährt die schwarze Limousine vor. Noch werden die Flaggen vorm Kanzleramt gehisst und der rote Teppich gerollt. Aber die Rituale der Macht wirken in diesen Dezembertagen merkwürdig leer, als würden sie nur noch zu Übungszwecken absolviert.
Der Scholz-Nachfolger, dessen Gesicht wir noch nicht erkennen können, reift im trüben Fruchtwasser der Berliner Republik als Embryo heran. So wie die Dinge liegen, werden – anders als beim letzten Machtwechsel – diesmal nicht nur Gesichter ausgetauscht, sondern auch Richtung und Tonalität gewechselt. Oder wie Sloterdijk in „Die schrecklichen Kinder der Neuzeit“ formulierte:
Seit Zeit und Zukunft ins Denken drängen, bilden Vergangenheit und Gegenwart die Inkubationszeit eines Ungeheuers, das unter einem trügerisch harmlosen Namen am Horizont auftaucht: das Neue.
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