03 September 2023

Durch Ampel-Sozialpolitik Nun droht der Worst Case – Fachkräftemangel und millionenfache Arbeitslosigkeit (WELT+)

Durch Ampel-Sozialpolitik
Nun droht der Worst Case – Fachkräftemangel und millionenfache Arbeitslosigkeit (WELT+)
, Chefökonomin, 03.09.2023
Von Kindergrundsicherung bis Bürgergeld: Die Ampel-Regierung macht die soziale Hängematte immer attraktiver. Für viele Alleinerziehende, Geringqualifizierte oder Migranten lohnt es sich kaum noch, einen Job anzunehmen. Der Arbeitsmarkt steht damit vor einer absurden Situation.
Im Kampf gegen die Armut kennt die Ampel-Koalition nur eine Lösung: höhere Geldleistungen. In den vergangenen Tagen ging es Schlag auf Schlag. Am 28. August präsentierte die grüne Bundesfamilienministerin Lisa Paus ihre Kindergrundsicherung, die einkommensschwachen Eltern finanzielle Verbesserungen bringt. Einen Tag danach verkündete Arbeitsminister Hubertus Heil eine zwölfprozentige Anhebung des Bürgergeldes.
Wie der Zufall es wollte, wurden ausgerechnet in derselben Woche mehrere Bildungsstudien publik, die ein dramatisches Abrutschen der Schulen in Deutschland zeigen. Hauptleidtragende sind die Kinder aus ärmeren, bildungsfernen Elternhäusern, denen zu häufig die Chance auf sozialen Aufstieg verwehrt bleibt.
Dieser Kontrast zwischen dem satten Plus bei den Sozialtransfers auf der einen Seite und dem skandalösen Versagen beim staatlichen Bildungsauftrag zeigt, dass mehr Geld im Portemonnaie der Eltern die Ursache von Armut nicht nachhaltig bekämpft. Vater Staat gibt den Kümmerer, aber er hält die Leistungsempfänger in Abhängigkeit, statt ihnen eine Hilfestellung zu geben, nach und nach auf eigenen Beinen zu stehen.
Wo Jens Spahn recht hat
Mit der drastischen Anhebung des Bürgergeldes vergrößert die Koalition das Problem sogar noch. Die Erhöhung liegt weit über dem Inflationsausgleich. Die Grundsicherung zieht den Löhnen davon. CDU-Fraktionsvize Jens Spahn hat deshalb recht, wenn er von einem falschen Signal an Millionen Erwerbstätige spricht. Denn schon jetzt erhalte ein vierköpfiger Haushalt mit dem Bürgergeld plus Wohnkosten faktisch ebenso viel, wie eine Durchschnittsverdiener-Familie zur Verfügung habe.

Ob Spahns Rechnung auf den Euro genau stimmt, ist nebensächlich. Seine Beschreibung einer fatalen Entwicklung ist zutreffend: In jedem Fall gilt das Lohnabstandsgebot, das eine ausreichende Differenz zwischen Erwerbslohn und Transferleistung fordert, im deutschen Wohlfahrtsstaat schon jetzt nicht mehr viel.

Vor allem für Alleinerziehende und Geringqualifizierte mit mehreren Kindern lohnt es sich häufig nicht, eine Arbeit anzunehmen. Denn wer mehr als einer kleinen Teilzeitbeschäftigung nachgeht, verliert oft seine Ansprüche auf Sozialleistungen. Erwerbstätige Bürgergeldbezieher verdienen sich deshalb meist lediglich ein Taschengeld hinzu.

Zwar wurden die Hinzuverdienstgrenzen mit der Umwandlung von Hartz IV ins Bürgergeld seit Jahresbeginn etwas entschärft. Doch die Grundproblematik bleibt: Der Wechsel vom Empfänger auf die Seite der Finanziers des Sozialstaats ist unattraktiv. Und je großzügiger die Grundsicherung ist, umso stärker wirkt der negative Anreiz. Hier liegt die Ursache für die zunehmend absurde Situation auf dem Arbeitsmarkt: Während mehr als zwei Millionen Erwerbsfähige vom Bürgergeld leben, finden immer mehr Unternehmen selbst für einfache Tätigkeiten etwa in Hotels, Gaststätten oder im Einzelhandel kein Personal.

Wenn die Politik nicht umsteuert, schlittert das Land in eine veritable Beschäftigungskrise. Aus demografischen Gründen sinkt in den kommenden Jahren der Anteil der Erwerbstätigen in der Gesellschaft stetig. Die Aktiven müssen in der Folge immer größere Abgabenlasten schultern. Auch dieser Trend setzt einen negativen Arbeitsanreiz.

Die Flucht in die soziale Hängematte wird umso attraktiver, je weniger sich Leistung lohnt – und je sorgenfreier das Leben ohne Arbeit ist. Ein gespaltener Arbeitsmarkt mit Fachkräftemangel und millionenfacher Arbeitslosigkeit wäre nicht nur in ökonomischer Hinsicht das Worst-Case-Szenario.

Neben der Demografie stellt die Masseneinwanderung eine große Herausforderung für das Sozialsystem dar. In den vergangenen zehn Jahren kam der Großteil der Migranten als Flüchtlinge und Asylbewerber zu uns. Die Integration in den Arbeitsmarkt ist mühsamer als bei anderen Migrantengruppen. So ist die Mehrheit der 2015 nach Deutschland gekommenen Syrer weiterhin auf die Grundsicherung angewiesen. Experten verweisen auf fehlende Deutschkenntnisse, mangelnde Qualifikationen, bürokratische Hemmnisse und die geringe Frauenerwerbsquote.

Aber auch der Wohlfahrtsstaat wirkt sich aus, er dämpft die Eigeninitiative. Wenn in einem Haushalt mehrere Kinder leben, die Mutter sich um die Betreuung kümmert und der Vater nur einen gering entlohnten Helferjob hat, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Familie dauerhaft auf Sozialtransfers angewiesen bleibt.

Rot-Grün nährt die Illusion, dass sich Deutschland trotz seiner weiter offenen Grenzen mehr Großzügigkeit beim Bürgergeld leisten kann. Dabei gilt das, was hierzulande als Existenzminimum definiert ist, in vielen Teilen der Welt als Reichtum.

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